Die Zeiten im Württemberg des Herzog Eberhard waren höchst wechselhaft. Das Fürstenhaus bot dem vom Pietismus erweckten Land, dessen einfache Leute einen neuen Zugang zur Bibel fanden, ein Trauerspiel. Die rechtmäßige Frau des Herzogs musste den Platz an der Seite ihres Mannes räumen. Eine Mätresse, Frl. von Grävenitz, trat an ihre Stelle. Bald hatte sie alle Fäden der Regierung und des Einflusses in ihrer Hand. Es stand nicht gut um Württemberg.
In dieser Situation wird 1715 der Pfarrer Samuel Urlsperger zum Hofprediger und Konsistorialrat in Stuttgart berufen. Er versteht sich als Mann der biblischen Botschaft im Sinne Speners. Auch August Herrmann Francke, den er in Halle besucht hatte, beeinflusste ihn stark. Nach anfänglicher Zurückhaltung nimmt Urlsperger entschieden Stellung gegen das Treiben des Herzogs. Er tut dies so mutig, dass er ins Gefängnis kommt und zum Tode verurteilt wird.
Die Bevölkerung gerät in Unruhe, es kommt zu heftigen Auseinandersetzungen am Hof und in der Regierung, in deren Verlauf der Innenminister Baron von Schütz dem Herzog seinen Degen vor die Füße wirft, als er zum Gegenzeichen des Todesurteils aufgefordert wird: »Durchlaucht, hier ist mein Degen! – Blutschulden unterschreibe ich nicht.« Urlsperger ist gerettet, wird aber seines Amtes enthoben.
Ein spannend geschildertes Leben. Samuel Urlsperger beeindruckt durch seinen Mut, im Namen Gottes gegen öffentliche Missstände Stellung zu beziehen. Deutlich bezeugt er das Wort Gottes als alleinige Basis für Glaube und Leben des Christen. Urlspergers missionarisches, seelsorgerliches und diakonisches Engagement (z. B. für Flüchtlinge) lässt ihn weltweite Verbindungen pflegen. Sein Erbe ist eine Herausforderung für Kirche und Gemeinde der Gegenwart.
عن المؤلف
Hermann Otto Nietschmann (Pseudonym: Armin Stein; * 11. Januar 1840 in Neutz-Lettewitz; † 27. November 1929 in Halle) war ein evangelischer Pfarrer, Schriftsteller und Komponist.