Spätestens mit der Weltwirtschaftskrise, deren deutlichstes Symptom der ‘Black Thursday’, der Zusammenbruch der New Yorker Börse am 24. Oktober 1929 ist, tritt ein neues Phänomen in der westlichen Welt auf: die Massenarbeitslosigkeit. Der erste Ökonom, der eine wirtschaftstheoretische Studie dazu anstellt, ist Emil Lederer mit seinem Werk ‘Technischer Fortschritt und Arbeitslosigkeit’. Lederer identifiziert als Erscheinungen des 20. Jahrhunderts neben den Erfindungen, die ökonomisches Wachstum und Beschäftigung schaffen, auch die kapital- und arbeitssparenden technisches Fortschritte, die ‘technologische Arbeitslosigkeit’ mit sich bringen; in einer Depression kommt die konjunkturbedingte Arbeitslosigkeit hinzu.
An der Konzeption kurzfristiger Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen wirkt Lederer während der Weltwirtschaftskrise mit, hält diese aber für keine langfristige Lösung, da hierzu auf die ‘veralteten Produktionsmethoden’ zurückgegriffen wird. Dauerhaft könne die erhöhte Produktivität beispielsweise durch eine Senkung der Arbeitszeit wieder zur Vollbeschäftigung führen. Zur Steuerung der Beschäftigung schlägt Lederer eine stärkere staatliche Planung der Wirtschaft vor.
Es gibt bis heute keine vergleichbare Studie, was auch daran liegen mag, dass Auswirkungen einzelner technologischer Fortschritte auf den Arbeitsmarkt schwer zu separieren und statistisch zu fassen sind. Das Phänomen der ‘strukturellen Arbeitslosigkeit’ ist jedoch empirisch zu beobachten. Dadurch erhält Emil Lederers Monografie ‘Technischer Fortschritt und Arbeitslosigkeit’ bis heute ihre Aktualität.
عن المؤلف
Emil Lederer wird am 22. Juli 1882 in Pilsen im damaligen Österreich-Ungarn geboren, wo er im Jahre 1901 die Matura ablegt. Danach studiert er Rechtswissenschaften und Nationalökonomie in Wien. Zu Lederers Universitätslehrern gehören Eugen von Böhm-Bawerk, Eugen von Philippovich und Friedrich von Wieser, Vertreter der Wiener Grenznutzenschule. Seine Studien schließt Lederer 1905 in Wien mit einer juristischen Promotion ab.
Mit Lederers Umzug nach Heidelberg im Jahr 1910 beginnt eine 24 Jahre währende publizistische Tätigkeit für das ‘Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik’. 1922 wird Lederer Mitherausgeber dieser zur damaligen Zeit wichtigsten deutschsprachigen Fachzeitschrift für Volkswirtschaft. 1911 promoviert Emil Lederer ein zweites Mal, nun zum Dr. rer. pol. Schon ein Jahr später (1912) habilitiert er sich an der Heidelberger Universität mit der Untersuchung ‘Die Privatangestellten in der modernen Wirtschaftsentwicklung’.
Die Angestellten in Wirtschaft und Gesellschaft sind für ihn nicht nur von akademischem Interesse. Mit Siegfried Aufhäuser, dem späteren Vorsitzenden des Allgemeinen Freien Angestelltenbundes in der Weimarer Republik, verbindet ihn eine enge Freundschaft. Auf Gewerkschaftstagungen hält er Vorträge.