Tugenden und Leitbilder des stillen Samaritertums kennzeichnen die aktuelle Vorstellung von häuslicher Pflege. Konträr dazu gehören Wahlfreiheit und Selbstverwirklichung zum heutigen Familienleitbild. Obwohl zeitgleich mit der Einführung der Pflegeversicherung der Grundstein für eine neue, moderne Familienpolitik gelegt wurde, beschlossen die gleichen Abgeordneten eine höchst traditionale Pflegepolitik mit Elementen der Subsidiarität, der ehrenamtlichen Arbeit und des Opfers.
Katharina Gröning argumentiert, dass diese Zweigleisigkeit nicht einfach Resultat gesellschaftlicher Modernisierung ist, sondern Ausdruck einer familien- und alltagsfernen Pflegepolitik. Aus der Perspektive eines modernen Familienleitbilds erfasst sie Leerstellen und Weiterentwicklungsbedarfe in der Pflegeversicherung.
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1 Problemstellung und erkenntnisleitendes Interesse 9
2 Entwicklungslinien in der Familienpolitik und ihre Bedeutung für eine künftige Pflegepolitik 29
2.1 Modernisierung der Familienpolitik 31
2.2 Familienpolitik und Pflegepolitik – kein Verhältnis? 33
2.3 Kernfamilie oder multilokale Mehrgenerationenfamilie? Zum Familienleitbild im demografischen Wandel. 39
2.4 Familienpolitik und Generationensolidarität in der Plenardebatte zum Fünften Familienbericht (1994) 44
2.5 Sozialpsychologische Bedingungen für ein Miteinander der Generationen in einer gemeinsamen Zeit 50
2.6 Das Konzept des Humanvermögens 52
3 Die familiale Pflege in der Wissenschaft 61
3.1 Die Zukunft der familialen Pflege in der
Bevölkerungswissenschaft 61
3.2 Empirie und Theorie 65
3.3 Das Problem der Belastung 69
3.4 Der Zeitaufwand für Pflege in der Familie 70
3.5 Die Therapeutisierung der familialen Pflege 74
3.6 Entwicklungslinien der Stresstheorie 75
3.7 Die Therapeutisierung der Mehrgenerationalität 82
3.8 Familie als System 83
3.9 Die verstrickte Pflege 83
4 Das Familienbild in der Sozialpolitik 89
5 Dokumentarische Auswertung ausgewählter
Redebeiträge zur Einführung der Pflegeversicherung im Deutschen Bundestag 1991 und 1993 sowie zum ersten Bericht der Bundesregierung über die Wirkung der Pflegeversicherung 1997 93
6 Die Institutionalisierung der Pflegeversicherung. Ein politischer Kompromiss 115
6.1 Das Mixtum compositum 115
6.2 Streitpunkt Pflegegeld 118
6.3 Historischer Kontext, Diskurs und Akteursebene bei der Einführung der Pflegeversicherung 121
6.4 Die deutsche Wiedervereinigung und
die Einführung der Pflegeversicherung 124
7 Subsidiarität und Solidarität. Die Sozialstaatsdebatte in den 1980er und 1990er Jahren und ihre Bedeutung für die Pflegeversicherung 129
8 Die Radikalisierung der Sozialstaatskritik und der Einfluss einer sich postmodern begründenden konservativen Ethik – eine neue Interpretation des Alters in den 1990er Jahren 137
8.1 Eigenverantwortung und Subsidiarität – die postmoderne Wohlfahrtsstaatsdebatte in den 1990er Jahren 139
8.2 Selbstverantwortung und Eigensorge in
der Pflegeversicherung 141
9 Subsidiarität und postmoderne konservative Ethik als besonderer Bezugspunkt der Alterspolitik 143
9.1 Ethik und Ökonomie im Generationenvertrag 146
9.2 Die Finanzierung der Hilfe 146
9.3 Generationenvertrag und sozialer Frieden 148
10 Der Altersdiskurs in der Bundesrepublik und die Leitbilder der Pflegeversicherung 155
11 Das Alter, seine Verletzlichkeit und die Bedeutung der Solidarität 161
12 Der wissenschaftliche Diskurs zu den Generationsbeziehungen und Generationsverhältnissen im historischen Kontext der Einführung der Pflegeversicherung 165
12.1 Generationsbeziehungen und ‘heilige Schuld’ 168
12.2 Altersverehrung und Versittlichung im
Generationenverhältnis 170
12.3 Generation als Genealogie 172
12.4 Genealogie als symbolische Gewalt 173
12.5 Die Zeitperspektive. Generation als historische Erfahrung und der Generationenbruch 179
12.6 Soziale Beschleunigung und Verjüngung des Alters 181
12.7 Der Generationenbruch und die gesellschaftliche Desintegration des hohen Alters 182
12.8 Von der Genealogie zum Leistungsprinzip.
Generationen in der Wahrnehmung der
Wirtschaftswissenschaften und der Demografie 184
12.9 Leitbildkonjunkturen 185
12.10 Von der ‘heiligen Schuld’ zur Verschuldung der künftigen Generationen. Generationengerechtigkeit als politischer Begriff heute 188
12.11 Generationengerechtigkeit und Familie 191
13 Ausblick 195
13.1 Zum Konzept der Entwicklungsaufgaben 196
13.2 Altwerden als Entwicklungsaufgabe 199
13.3 Intergenerationale Entwicklungsaufgaben 201
13.4 Bedeutung der Bildung 203
Literaturverzeichnis 205
عن المؤلف
Katharina Gröning, geb. 1957, ist Professorin für Pädagogische Beratung an der Universität Bielefeld. Sie arbeitet seit 1989 als Supervisorin, Organisationsberaterin und Dozentin im Bereich Pflege- und Gesundheitsberufe.