Wer heute die Gesellschaft zu beschreiben versucht, stößt auf ein grundlegendes Problem: Die alten Grenzziehungen funktionieren nicht mehr. Früher war man rechts oder links, progressiv oder konservativ, liberal oder sozialdemokratisch. In diesen Containern ließen sich
alle Probleme vortrefflich lösen. Aber vor der Komplexität unserer Welt muss solch eindimensionales Denken kapitulieren und sich entweder in moralischen Appellen verlieren oder immer schon wissen, was richtig ist. Die Alternative ist ein neues vernetztes Denken, das mit Instabilität rechnet und Abweichungen liebt. Nassehi seziert messerscharf gängige Zeitdiagnosen und Diskurse, die auf naive Einsicht
oder auf die ‚richtige‘ Einstellung oder Moral setzen. Ein Buch gegen die Selbstüberschätzung und Selbstüberhöhung derer, die ihrem Publikum nach dem Mund reden.
Das Buch enthält u. a. den lehrreichen Briefwechsel mit einem Verleger aus dem rechtskonservativen Milieu, einem Milieu, mit dem üblicherweise kein öffentlicher intellektueller Diskurs stattfindet. Es könnte jedoch, so Nassehi, ein fataler Fehler sein, das totzuschweigen. Im Gegenteil: Es sollte geradezu ein Akt intellektueller Redlichkeit sein, die Restriktionen und Illiberalität rechten
Denkens im Dialog zu enthüllen.
Über den Autor
Armin Nassehi ist Soziologieprofessor in München, Herausgeber des Kursbuchs und einer der wichtigen Public Intellectuals in diesem
Land. Das Buch ist eine klare Aufforderung: Statt eindimensionaler Alternativen müssen wir die verteilte Intelligenz unserer Gesellschaft
in Anspruch nehmen, um unsere Probleme zu lösen. Nassehi führt ein Denken vor, das Kompetenz nicht mit stabilem Wissen verwechselt
und Komplexitätserfahrungen nicht einfach mit moralischer Wohlgenährtheit begegnet.