Das von Pierre Bourdieu entwickelte Konzept des Habitus richtet sich auf eine zentrale soziologische Problematik: Wie kann man den Menschen als vergesellschaftetes Subjekt denken?
Anders als das ältere Konzept der sozialen Rolle funktioniert der Habitus wie ein lebendes System: flexibel und hoch anpassungsfähig, zugleich jedoch die Identität des Subjekts bewahrend. Der Habitus ist zu denken als ein generierendes Prinzip, das jene regelhaften Improvisationen hervorbringt, die man auch gesellschaftliche Praxis nennen kann. Dieses Prinzip, dieser modus operandi ist Produkt der Geschichte eines Individuums, er ist verinnerlichte, inkorporierte soziale Erfahrung. Dabei ist »inkorporiert« hier keineswegs nur metaphorisch gemeint: Der Körper als Speicher sozialer Erfahrung ist wesentlicher Bestandteil des Habitus; der analytische Blick richtet sich damit auch auf das Körperliche und Performative.
Das Habituskonzept erschließt der Soziologie neue Dimensionen des sozialen Handelns.
Über den Autor
Beate Krais ist emeritierte Professorin für Soziologie an der Technischen Universität Darmstadt.
Gunter Gebauer, geb. 1944, ist Professor emeritus für Philosophie am Institut für Philosophie an der FU Berlin. Von 1999 bis 2010 war er Mitglied des Sonderforschungsbereichs »Kulturen des Performativen«, 2007 bis 2012 gehörte er dem Exzellenzcluster »Languages of Emotion« an der Freien Universität Berlin an. Als Gastprofessor lehrte er in Paris, Straßburg und Hiroshima (Japan). 2013-2018 war er Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats des deutsch-französischen Forschungsinstituts Centre Marc Bloch in Berlin. Seit 2015 ist er Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des Collège International de Philosophie in Paris. 2018 wurde er mit dem Ethikpreis des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) ausgezeichnet.