Die Zeitläufte mögen sich ändern, Regierungsformen kommen und gehen – die organisierte Ärzteschaft verfolgte stets und beharrlich ihre Interessen, passte sich den herrschenden Umständen an und wusste ihre Spielräume geschickt zu nutzen. Der 60. Jahrestag der Gründung der heutigen Landesärztekammer Hessen war Anlass, die ersten 70 Jahre der Geschichte der hessischen Ärztekammern von den Anfängen im späten 19. Jahrhundert bis zur Gründung der heutigen Landesärztekammer als Körperschaft des öffentlichen Rechts im Jahre 1956 zu untersuchen. Deren Standesinteressen veränderten sich in diesem langen Zeitraum kaum: Immer ging es um Standesehre, Autonomie und das Postulat, ein „ethisch hochstehender‘ und „verantwortungsbewusster Beruf‘ zu sein. In der Zeit des Dritten Reiches wurde die hessische Ärzteschaft dabei zum Instrument der NS-Ideologie im Gesundheitsbereich. Die Autoren zeichnen im vorliegenden Band die Ereignisgeschichte der hessischen Ärztekammern nach und richten gleichzeitig den Blick auf Mentalitäten und Kontinuitäten, insbesondere im Übergang von der NS-Zeit in die junge Bundesrepublik Deutschland.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort des Präsidenten der Landesärztekammer Hessen
Vorwort des Vorsitzenden des Beirates „Geschichte der Landesärztekammer Hessen‘
Einleitung
1. Forschungslage
2. Ausgangsfrage
3. Vier Perioden
4. Quellenlage
5. Redaktionelle Anmerkungen
6. Persönliche Anmerkungen
Ärztekammern im Deutschen Kaiserreich
1. Sozial-, Gesundheits- und Ärztepolitik
2. Vereinsleben und Standespolitik
3. Vereinsleben in Hessen: Sechs ausgewählte Beispiele
4. Zentralausschuss und Landesverein
5. Königliche Verordnung in Preußen
6. Kammerwahlen in der Provinz Hessen-Nassau
7. Themen der Ärztekammer
8. „Correspondenzblatt‘ der Kammer in der Provinz Hessen-Nassau
9. Konferenz der Preußischen Ärztekammern
10. „Wir haben alles getan […]‘: Ein bilanzierender Blick 1913
11. Kriegszeit 1914-1918
12. Fazit
Ärztekammern in der Weimarer Republik
1. Politische Kultur in der ersten deutschen Demokratie
2. Organisierte Ärzteschaft
3. Zwei Kammern: Volksstaat Hessen und Provinz Hessen-Nassau
4. Notverordnungspolitik und Standesinteressen
5. Rückblicke in den Jahren 1931 und 1932
6. Medizinstudium – Überfüllung
7. NSDÄB in der Weimarer Republik
8. Fazit
Nationalsozialistische Gesundheitspolitik – Die Ärztekammern in Hessen in der NS-Zeit: 1933-1945
1. Zum Forschungsstand
2. Durchsetzung des NS-Staates
3. Rassenpolitik und Volksgesundheit
4. Die Verdrängung jüdischer Ärzte
5. Zwangssterilisation, „Ausmerze‘ und „Auslese‘
6. Paradoxie des ärztlichen Berufes
7. Ärzteschaft in polykratischen Strukturen
8. Gleichschaltung und neues Standeswesen
9. Stichwortgeber und Akteure
10. Reichsärzteordnung und Reichsärztekammer
11. Die Ärztekammern in Hessen ab dem Jahr 1933
12. Ausgewählte Themen im „Ärzteblatt für Hessen‘
13. Umsetzung der NS-Gesundheitspolitik
14. Gautagungen und Ärztetag – Orte und Zeiten der Propaganda
15. Judenhass und jüdische Ärzte
16. Einweihung des Ärztehauses
17. Normalität im Terrorstaat: Feste und Feiern
18. Exkurs – Medizinische Gesellschaft Frankfurt/M.
19. Nationalsozialistischer Deutscher Ärztebund (NSDÄB)
20. Anordnungen, Konflikte, Probleme, Ermahnungen und Bestrafungen
21. Kammern im Zweiten Weltkrieg
22. Fazit
Mitgliedschaften in NS-Organisationen – Statistisch-empirischer Teil
1. Der Arzt als Gesundheitsführer
2. Erhebung der Reichsärztekammer
3. Ärzte in der NS-Statistik – Auszüge aus Erhebungen
4. Erhebung im Jahr 1937
5. Daten im Bereich der Ärztekammer Kurhessen 1938
6. Daten des Reichs- und Preußischen Ministerium des Innern
7. Fazit
Die hessische Ärzteschaft vom Ende des Dritten Reiches bis zur Konstituierung der Landesärztekammer Hessen (LÄKH)
1. 1956: Feierstunde in Bad Nauheim
2. Stunde Null der hessischen Ärzteschaft? Paul Hofmann als Präsident der Ärzteschaft Groß-Hessen 1945/46
3. „… ex Hassia lux …‘ – Die Ära Oelemann 1946-1956
4. Das Hessische Ärzteblatt 1949-1956
5. Fazit
Personenlexikon
Anmerkungen
Abkürzungsverzeichnis
Quellen- und Literaturverzeichnis
Über den Autor
Benno Hafeneger, Dr. phil., Prof. (em.) am Institut für Erziehungswissenschaft der Philipps-Universität Marburg.
Marcus Velke, M.A., Historiker, Doktorand an der Universität Bonn im Bereich Osteuropäische Geschichte.
Lucas Frings, B.A. Politikwissenschaft, B.A. Bildungswissenschaft, MAStudium der Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin.