Ausgangspunkt des vorliegenden Bandes ist der einzigartige historische Moment des Anarchismus in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts in Bezug nicht nur auf seine politische, sondern vor allem auf seine kulturelle Bedeutung. Anarchismus wurde zum kreativ-zerstörerischen Prinzip der avantgardistischen Bewegungen, die aus der immer akuteren Krise der europäischen Ordnung und der bürgerlichen Gesellschaft jener Jahre entstanden. Das avantgardistische Moment, getragen von einer europäischen Intelligenz zwischen ästhetischem Protest und politischer Revolte, zielte auf die Überwindung der Grenzen zwischen Kunst, Leben und Politik und entfachte eine Suche sowohl nach neuen Möglichkeiten in der Kunst wie auch nach neuen, antibürgerlichen, gesellschaftliche und sexuelle Befreiung versprechenden Lebensformen, angefangen von Künstlerkolonien bis hin zu politischen Kommunen. Das Ergebnis war ein Ferment von Kreativität und Provokationen, von dem alle späteren anarchistischen Bewegungen – von den Situationisten bis zum Mai 68, von der Beat-Generation bis zur kalifornischen New Age und zur Pop Art – inspiriert wurden.
Inhaltsverzeichnis
Anarchismus als sezessionistische Kraft.- Anarchismus als Umwertung aller Werte: Der Fall Nietzsche.- Anarchismus als gelebte Herrschaftsfreiheit I: Genie und Wahnsinn.- Anarchismus als gelebte Herrschaftsfreiheit II: Fiktionen des Selbst.- Anarchismus und Repräsentanz: Sprachpolitik und Sprachen der Politik.- Endspiele: Anarchismus als Fluchtpunkt und Nachspiel.-Ausblicke: Anarchismus als spekulative Fiktion und theoretische Aufgabe.
Über den Autor
Dr. Christine Magerski lehrt als Professorin für neuere deutsche Literatur- und Kulturgeschichte an der Germanistischen Abteilung der Universität Zagreb, Kroatien.
Dr. David Roberts ist Emeritus Professor an der School of Languages and Literatures, Monash University Melbourne, Australia und Fellow der Australian Academy of the Humanities.