Kann “Kultur” einen Modernisierungsimpuls vermitteln? Diese Fallstudie untersucht am Beispiel des Gebiets L’vivs in der Ukraine regionale Entwicklung und Entwicklungspolitik aus akteurszentrierter Perspektive und zeigt wie der Gestaltungsspielraum der Akteure durch „Kultur“ strukturiert wird: Wahrnehmungsweisen und institutionelle Erfahrungen konkretisieren sich in regionaler Identität.Die Studie skizziert das neopatrimoniale politische System der Ukraine von 1991 bis 2004, dessen Grundsteine in der Sowjetunion gelegt wurden. Sie stellt dem die Regionalgeschichte gegenüber, die einen Symbolvorrat und institutionelle Erfahrungen bereithält, welche Anknüpfungspunkte für eine demokratische und marktwirtschaftliche Entwicklung bieten. Es wird die sich seit der Umbruchsphase konstituierende regionale Akteursszene vorgestellt. Ihre Versuche, Kooperationen zu initiieren, Netzwerke zu nutzen und Organisationen zu gründen, kurz, kollektiv zu handeln und die Region zum Kollektivakteur zu machen, zeigen, wie sie „Kultur“ aktivieren und in Institutionen übersetzen. Dabei werden Bedingungszusammenhänge deutlich, die Entwicklungsblockaden der Region erklären, denn das Potential von „Kultur“ und ihre Funktion werden durch systemische Gelegenheiten und Zwänge limitiert.Die qualitativ empirische Herangehensweise zeichnet ein lebendiges Bild der Entwicklungspolitik einer Region zwischen Ost und West. Die Studie beschreitet neue Wege in der Transformationsforschung indem sie politikwissenschaftliche sowie kultursoziologische Perspektiven kombiniert und mit Ansätzen aus der Entwicklungsforschung ergänzt.
Über den Autor
Dr. Claudia Šabić studierte historische Ethnologie, Soziologie und Politikwissenschaft an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main. Seit 1998 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Politikwissenschaft der Universität Frankfurt. 1999/2000 im Rahmen eines VW-Stiftung-Projektes Forschungsaufenthalte in L’viv und Kyiv. Beiträge u.a. in The Making of Regions in Post-Socialist Europe (Verlag für Sozialwissenschaften 2004), Berliner Debatte: Initial und Perspectives on European Politics and Society.Die Vorwortautorin:Dr. Melanie Tatur ist Professorin für Politikwissenschaft an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main.