Der Dramatiker Heiner Müller (1929–1995) war auch ein Meister des Bonmots und der überraschenden, oft listigen Erwiderung – das ist vor allem aus seinen Interviews bekannt. Der Band zeigt Müller nun erstmals als lebendiges Gedankenbild. In der Rückschau von Zeitgenossen und in immer wieder oft und gern kolportierten Anekdoten, die bereits in der kollektiven Erinnerung weitererzählt werden. Miniaturen zu einem Porträt des Künstlers mit Hintersinn.
Wendefragen
Eine TV-Talkshow. Frage: ‚Nach der Wende gab es doch viele Probleme. Leute verloren ihre Arbeit. Manche haben sich sogar umgebracht.‘
HM: ‚Ja, aber es gab auch negative Entwicklungen.‘
Die Postkarte
Mitte der siebziger Jahre war HM für einige Zeit nach Hamburg gefahren und wurde an seinem Theater, dem Berliner Ensemble, mit Bangen zurückerwartet. Schließlich erreichte eine Postkarte die Kollegen: ‚Habe mich nun endgültig für den besseren deutschen Staat entschieden.‘ Ein paar Tage später tauchte er im Theater auf – zum Erstaunen aller und insbesondere der guten Genossen, die ihn schon als DDR-Flüchtling abgeschrieben hatten.
HM: ‚Wieso denn? Auf der Karte stand doch alles.‘
Die Gefahr
Lothar Trolle, dessen dramatische Arbeiten lange Zeit nur ausnahmsweise im Theater gespielt und noch seltener gedruckt wurden, erhielt von HM den Hinweis: ‚Nichts ist gefährlicher als der frühe Erfolg.‘
inkl. Heiner-Müller-Daumenkino
Über den Autor
Heiner Müller, geboren am 9. Januar 1929 in Eppendorf (Sachsen), als Reimund Heiner Müller, gestorben am 30. Dezember 1995 in Berlin. Bedeutender Dramatiker und Regisseur. Angestellter beim Landratsamt Waren (Mecklenburg). Nach 1945 Abitur. Tätigkeit in einer Bücherei. 1954-1955 Mitarbeiter beim Schriftstellerverband der DDR, danach Redakteur der Jungen Kunst. 1958/1959 Mitarbeiter am Maxim-Gorki-Theater. 1973-1976 Dramaturg am Berliner Ensemble. 1959 Heinrich-Mann-Preis (mit Inge Müller), für Zement 1974 2. Preis im Dramenwettbewerb der DDR. 1990-1992 Präsident der Akademie der Künste zu Berlin. Ab 1992 gemeinsam mit Matthias Langhoff, Fritz Marquardt, Peter Palitzsch und Peter Zadek Leitung des Berliner Ensembles. Weitere, zahlreiche Auszeichnungen.
Theater der Zeit veröffentlichte u. a. Weiberkomödie (3/1971), Macbeth (4/1972), Zement (5/1974), Traktor (8/1975, am 27. April 1975 am Friedrich-Wolf-Theater Neustrelitz uraufgeführt, Regie Thomas Vallentin), Der Bau (3/1978), Medeamaterial (3/1983), Wolokolamsker Chaussee I und II (2/1986), Wolokolamsker Chaussee III (6/1987). Anatomie Titus Fall Of Rome Ein Shakespearekommentar (9/1987), Uraufführung in Bochum, DDR-Erstaufführung am Staatsschauspiel Dresden (Probebühne Astoria) am 3. Juli 1987.
(1929 -1995) Dramatistand director. 1973 – 1976 Dramaturge at the Berliner Ensemble. From 1990 -1992, President of the Akademie der Künste in Berlin. From 1992, director of the Berliner Ensemble together with Matthias Langhoff, Fritz Marquadt, Peter Palitzsch and Peter Zadek. Numerous honours.
Thomas Irmer, geboren 1962, deutscher Theatertheoretiker und -kritiker sowie Autor von Büchern und Fernsehdokumentarfilmen über das deutsche Theater in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Er lehrt derzeit (2014) außerdem am Zentrum für Europäische Studien an der Universität Osnabrück.
born 1962, is a German theatre theorist and critic, author of publications and TV documentaries on German theatre of the second half of the 20th century. Moreover, he teaches at the Centre of European Studies of the University Osnabrück.