Dieser Band versammelt originäre Beiträge am Schnittpunkt von Philosophie, Wissenschaftsgeschichte, Kultur- und Theaterwissenschaft. Auf der Grundlage von Falluntersuchungen zum 17. Jahrhundert trägt er zum Verständnis der Rolle bei, die Instrumente im Schnittfeld von Wissenschaft und Kunst spielen. Die Beiträge verfolgen dabei die Hypothese, dass die Entwicklung und Gestaltung von Instrumenten wesentlich zur Eröffnung neuer Felder des Wissens, zur Entstehung neuer kultureller Praktiken, aber auch zur Abgrenzung bestimmter Genres, Methoden und Disziplinen beiträgt. Diese Perspektive führt die Beiträge dieses Bandes dazu, auf neue Weise das, was ein Instrument überhaupt ausmacht, zu durchdenken und eine Reihe von Grundfragen zur Bestimmung des Instrumentes zu erarbeiten: Welche Handlungen verkörpert das Instrument? Welche Handlungen werden durch das Instrument ermöglicht? Wann werden Untersuchungsobjekte ihrerseits Instrumente? Welche Fähigkeiten setzt der Instrumentengebrauch voraus, welche produziert er?
Durch die Kombination neuer theoretischer Modelle und historischer Fallstudien, durch den detailgenauen Nachweis des gegenseitigen Einflusses von Kunst und Wissenschaft am Schnittpunkt des Instrumentes betritt dieser Band Neuland. Er ist von großem Wert für alle, die sich für die Vorgeschichte unsere instrumentengeleiteten Wahrnehmung interessieren.
Zu den Autoren des Bandes zählen neben den Herausgebern Jörg Jochen Berns, Olaf Breidbach, Georges Didi-Huberman, Peter Galison, Sybille Krämer, Dieter Mersch, Hans-Jörg Rheinberger, Wilhelm Schmidt-Biggemann und Otto Sibum.
Inhaltsverzeichnis
Helmar Schramm: Einleitung. Die Hand als ‚instrumentum intrumentorum‘; Hans-Jörg Rheinberger: Schnittstellen. Instrumente und Objekte im experimentellen Kontext der Wissenschaften vom Leben; Dieter Mersch: Abbild und Zerrbild. Zur Konstruktion von Rationalität und Irrationalität in frühneuzeitlichen Darstellungsweisen; Olaf Breidbach: Weltordnungen und Körperwelten. Das Tableau des Gewussten und seine Repräsentation bei Robert Fludd; Florian Nelle: Teleskop, Theater und die instrumentelle Offenbarung neuer Welten; Frank Fehrenbach: Pathos der Funktion. Leonardos technische Zeichnungen; Nicola Suthor: ‚Il pennello artificioso‘. Zur Intelligenz der Pinselführung; Barbara Maria Stafford: Die ‚Katholisierung‘ der Projektionstechnologie im Zeitalter der Aufklärung. Theurgie und die medialen Ursprünge der Kunst; Jan Lazardzig: Die Maschine als Spektakel. Funktion und Admiration im Maschinendenken des 17. Jahrhunderts; Ludger Schwarte: Die Anatomie des Hirns als Instrumentalisierung der Vernunft; Gerald Hartung: Das ‚chymische Laboratorium‘. Zur Funktion des Experiments im Naturwissenschaftsdiskurs des 17. Jahrhunderts; Gerhard Wiesenfeldt: Die Ordnung des Wissens, der Instrumente und der Universität Leiden, ca. 1700; Angela Mayer-Deutsch: Das ideale Musaeum Kircherianum und die Exercitia spiritualia des Hl. Ignatius von Loyola; Conny Restle: Organologie. Die Kunde von den Musikinstrumenten im 17. Jahrhundert; Andreas Meyer: Am Klang den Harfen gleich. Frühe Beschreibungen afrikanischer Musikinstrumente; H. Otto Sibum: Maschinen, Fledermäuse und Schriftgelehrte. Experimentalwissen im späten 18. und 19. Jahrhundert; Peter Galison/Lorraine Daston: Wissenschaftliche Koordination als Ethos und Epistemologie; Stefan Ditzen: Brechen, Schleifen, Brennen. Aspekte intrumenteller Bedingungen in den Bildern der frühen Mikroskopie; Jochen Hennig: Instrumentelle Bedingungen in Bildern der Rastertunnelmikroskopie; Bruno Bachimont: Formale Zeichen und digitale Computation. Zwischen Intuitionismus und Formalismus. Kritik der computationellen Vernunft; Don Ihde: Die Kunst kommt der Wissenschaft zuvor. Oder: Provozierte die Camera obscura die Entwicklung der modernen Wissenschaften?; Thomas F. Gieryn: Die Intrumentalität von Plätzen für Wissenschaft und Kunst; Georges Didi-Huberman: Das Auge öffnet sich, die Lampe erlischt. Bemerkungen über Bergson und die Kinematographie; Martin Burckhardt: Schein der Macht. Zur Geschichte des Zentralbankgeldes; Sybille Krämer: ‚Leerstellen-Produktivität‘. Über die mathematische Null und den zentralperspektivischen Fluchtpunkt. Ein Beitrag zu Konvergenzen zwischen Wissenschaft und Kunst in der Frühen Neuzeit; Jörg Jochen Berns: Instrumenteller Klang und herrscherliche Hallräume in der Frühen Neuzeit. Zur akustischen Setzung fürstlicher potestas-Ansprüche in zeremoniellem Rahmen; Gesamtliteraturverzeichnis; Personenregister; Sachregister
Über den Autor
Helmar Schramm ist Professor am Institut für Theaterwissenschaft der Freien Universität Berlin.
Ludger Schwarte und Jan Lazardzig sind Wissenschaftliche Mitarbeiter im interdisziplinären Berliner Sonderforschungsbereich „Kulturen des Performativen“ an der Freien Universität Berlin.