Kneipengespräche aus Berlin-Neukölln, genau abgelauscht oder gut ausgedacht von Helmut Krausser.
In der Neuköllner Eckkneipe ‚Zur Wildnis‘, wo Helmut Krausser ein-, zweimal die Woche mit Freunden Backgammon spielt, finden Begegnungen, Gespräche und Diskussionen zwischen Menschen statt, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Das liegt an den sehr sozialen Bierpreisen und einer wohnzimmerhaften Atmosphäre. Zeit lässt sich hier gemütlich verdümpeln, und bei Manni, dem Wirt, kann man als Stammgast anschreiben lassen, ohne eine missbilligende Grimasse zu riskieren. Wegen des Status als Raucherkneipe gibt es in der ‚Wildnis‘ nichts mehr zu essen. Das Ordnungsamt erlaubt den Gästen aber, Essen von zuhause mitzubringen und es sich vom Wirt aufwärmen zu lassen. Manni hat folglich eine Mikrowelle angeschafft, und ein bisschen ‚Mitgebrachtes‘ hat er immer im Kühlschrank. Buletten, Bockwurst, Kartoffelsalat, solche Sachen. Touristen verirren sich eher selten hierher, aber falls doch, werden sie so nachlässig bedient, dass sie gleich wieder gehen.
Krausser hat seine Erlebnisse in der ‚Wildnis‘ in Kolumnen gefasst, die von 2015 bis 2018 im Berliner Stadtmagazin ‚Zitty‘ erschienen sind: pointierte, komische, lebenspralle Beobachtungen aus der Großstadt – mit dem rotzigen Charme der Berliner Servicekultur.
Über den Autor
Helmut Krausser, geboren 1964, Autor zahlreicher Romane, Gedichtbände, Opernlibretti und Theaterstücke. Namhaft auch als Komponist und als Schach- bzw. Backgammonspieler. Krausser lebt in Berlin und Potsdam und in der ‚Wildnis‘.