Die Zusammenhänge zwischen Generation, Gesellschaft und Geschichte gehören zu den wiederkehrenden Gegenständen in den Künsten. Der Begriff der Generation avancierte bereits früh zu einem einschlägigen Paradigma der Kunst- und Literaturgeschichte. Inzwischen hat der Begriff in der kulturwissenschaftlichen Forschung eine deutliche Weitung erfahren. Unter dem Stichwort der Generationalität werden seit einiger Zeit stärker die diskursiven Dimensionen von Zuschreibung und Aneignung vermeintlicher Generationenzugehörigkeiten im Zusammenhang mit Prozessen kollektiver Identitätsbildung diskutiert.
26 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus unterschiedlichen Disziplinen und verschiedenen Ländern nehmen sich in diesem Band das titelgebende Wechselverhältnis zum Anlass, um über Entwicklungen in den deutschsprachigen Literatur- und Mediensystemen nach 1945 zu reflektieren.
Gesellschaft und Geschichte geraten nicht nur als historische Bedingungsfaktoren, sondern auch als appellative inhaltliche Bezugsgrößen von generationell konnotierten literarischen Gruppenbildungen und Medienphänomenen in den Fokus. An Beispielen aus den beiden deutschen Kultursystemen der Nachkriegszeit und aus der Gegenwartsliteratur nach 1989 wird diskutiert, inwieweit generationelle Diskurse stets auch gesamt gesellschaftliche Problemlagen verhandeln.
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Norman Ächtler unter Mitarbeit von Anna Heidrich, José Fernández-Pérez und Mike Porath
Einleitung
I. Generationalität als kulturelles Phänomen in gegenwärtigen Mediensystemen
Lothar Schneider:
Generation als Selbstverortung oder: hic et nunc et nunc stans.
Lothar Bluhm:
Empörung und Funktionalisierung. Anmerkungen zum Literaturstreit im gegenwärtigen Mediensystem.
Christer Petersen:
Generation Fake. Täuschung, Lüge und Fiktion nach der Postmoderne.
Stefan Neuhaus:
‚Keine Atempause / Geschichte wird gemacht / es geht voran‘ (Fehlfarben, 1980): Geschichte in der deutschsprachigen Rock- und Popmusik.
II. Generationalität als Ordnungsgröße im internationalen
Literatur- und Wissenschaftssystem
Tatjana Yudina:
Generationsproblematik in Werken von Heinrich Böll – Zur Asymmetrie der Wahrnehmung seiner russischen Übersetzungen.
Florentine Strzelczyk:
Generations- und Paradigmenwechsel in der nordamerikanischen Auslandsgermanistik/German Studies.
René Strien/Nele Holdack:
Wider den Elfenbeinturm – Zur möglichen Welthaltigkeit von Literaturwissenschaft.
III. Generationalität als Kategorie der Neueren deutschen Literaturgeschichte
Werner Nell:
’47 : ’68 – Versuch einer mentalitäten-geschichtlichen Zwischenbilanz.
Joachim Jacob/Anja Oesterhelt:
Generationalität in deutschsprachigen Lyrikanthologien nach 1945.
Norman Kasper:
Ernst-Jünger-Festschriften 1955–1995: Hommage und Deutung im generationalen Wandel.
Mike Porath:
Die neue Prosa der ‚jungen Generation‘ – Zu Wolfgang Borcherts ‚Das ist unser Manifest‘ (1947).
Peter Braun:
‚Meine Väter, meine Mütter‘: Walter Höllerer und die Priesterinnen der Casa das Minas. Überlegungen zu einer Poetik der Ungewissheit bei Hubert Fichte.
Matthias Braun:
Desiderate jenseits des Kanons der Literatur der DDR – Überlegungen zu einer erweiterten Liraturgeschichtsschreibung.
Birgit Dahlke:
Sozialistische Kaderschmiede oder Exterritorium? Ein Blick auf das Leipziger Literaturinstitut ‚J.R. Becher‘ und einige seiner Absolventinnen.
Stephan Pabst:
Jana Hensel und das Diskursticket ‚Generation‘.
Heinrich Kaulen:
Der ‚Generationsroman‘ – Typologie, Geschichte, aktuelle Beispiele.
Norman Ächtler:
Generationendiskurse in Schulromanen des 20. und 21. Jahrhunderts.
IV. Generation und Generationalität als gattungsprägende Faktoren
in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur
Thomas Gloning:
Rainald Goetz – ‚Rave‘ (1998), oder ‚wie müsste so ein Text klingen, der von unserem Leben handelt?‘
Manuel Maldonado Alemán:
Die Erinnerung der Generationen. Familiengeschichte zwischen Bruch und Kontinuität in Stephan Wackwitz‘ (auto-)biographischem Schreiben.
Anna Heidrich:
Zum Schweigen als Ausdruck des transgenerationellen Bruchs in Gila Lustigers ‚So sind wir‘ (2005).
Tanja Walenski:
Transkulturelles Erinnern in den autobiographischen Familiengeschichten ‚Sie kam aus Mariupol‘ (2017) von Natascha Wodin und ‚Vielleicht Esther‘ (2014) von Katja Petrowskaja.
Richard Slipp:
Gestörte und versäumte Generationenkommunikation in Christoph Heins ‚Frau Paula Trousseau‘ (2007).
Caroline Roeder:
Der Kindheit davonkommen – Beobachtungen zu Angelika Klüssendorfs ‚Das Mädchen‘ (2011).
José Fernández Pérez:
‚der bengel ist gottes strafe.‘ Zu einer gestörten Kindheit und einer unmöglichen zweiten Geburt – Jürgen Landts Roman ‚Der Sonnenküsser‘ (2007).
Sonja Klocke:
Generation Hoyerswerda: Timur ohne Trupp und der Neonaziterror in Manja Präkels ‚Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß‘ (2017).
Monika Wolting:
Das Heimkehrerschicksal im neuen Kriegsroman.
Burkhard Meyer-Sickendiek:
Hörlyrik. Gedichte im Zeitalter des Internet.
Über den Autor
Norman Ächtler lehrt als Akademischer Rat Neuere deutsche Literatur- und Medienwissenschaft und ihre Didaktik an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Letzte Publikationen: ‚Erzählen über Kindheit und Jugend in der Gegenwartsliteratur‘, Berlin 2019 (hg. gemeinsam mit Carsten Gansel und Bettina Kümmerling-Meibauer); ‚Gotthold Ephraim Lessing im Kulturraum Schule. Aspekte der Wirkungsgeschichte‘, Göttingen 2017 (hg. gemeinsam mit Carsten Gansel und Birka Siwczyk).
Anna Heidrich ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Neuere deutsche Literatur und Germanistische Literatur- und Mediendidaktik an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Letzte Publikation: ‚Kuba in fiction oder Von den Hoffnungen eines Reporters‘, in: ‚Literatur-, Medien- und Sprachdidaktik im universitären Da F-Unterricht auf Kuba‘, Berlin 2020 (hg. v. Carsten Gansel, José Fernández Pérez und Mike Porath).
José Fernándes Pérez ist Studienrat im Hochschuldienst am Institut für Germanistik, Arbeitsbereich Literatur, der Justus-Liebig-Universität Gießen. Letzte Publikation: ‚Literatur-, Medien- und Sprachdidaktik im universitären Da F-Unterricht auf Kuba‘, Berlin 2020 (hg. gemeinsam mit Carsten Gansel und Mike Porath).
Mike Porath ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Neuere deutsche Literatur und Germanistische Literatur- und Mediendidaktik an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Letzte Publikation: ‚Literatur-, Medien- und Sprachdidaktik im universitären Da F-Unterricht auf Kuba‘ Berlin 2020 (hg. gemeinsam mit Carsten Gansel und José Fernándes Pérez).