Als Schriftstellerin selbst eine der herausragenden Erscheinungen um 1900, hat Lou Andreas-Salomé das literarische Leben der frühen Moderne aufmerksam verfolgt und begleitet. Diesem Interesse verdankt sich der bei weitem umfangreichste Teil ihres Aufsatzwerks. Bis heute ist er zugleich der unbekannteste geblieben.
Im deutschsprachigen Bereich galt das Augenmerk der Gegnerin jeder vordergründigen Tendenzliteratur zwei Schwerpunkten. Neben dem Theater und seinen – an vorderster Stelle durch Gerhart Hauptmann repräsentierten – Wandlungen vom Naturalismus bis zu dessen Ablösung durch ’symbolistische‘ Darstellungen von Wirklichkeit setzte sie sich gezielt mit zeitgenössischen weiblichen Erzählweisen auseinander.
‚Man möchte sagen, anstatt des Emanzipationskampfes einer starken Frau liegt etwas von dem ruhigen Gleichmut und der Kraft darin, die sich nicht weiter zu emanzipieren braucht.‘ Diese Worte Lou Andreas-Salomés über eine Kollegin bestätigen sich im eigenen Vorgehen auf das Schönste. An ihren Rezensionen, Porträts und Essays zur Literatur fällt nicht nur die Eigenständigkeit des Urteils auf. Daneben spiegeln und ergänzen sie ihre großen Themen aus Religion, Philosophie und Psychologie auf mannigfache Weise.
Inhaltsverzeichnis
Zu Lou Andreas-Salomé 2
Zum Herausgeber 2
Editorische Notiz 7
Deutschsprachige Literatur 9
Dramen 11
– Ein holländisches Urteil über moderne deutsche Dramen (1891) 13
– Vier Kammerspiele (1908) 59
– »Hannele« (1893) 79
– Ein Dank an einen Dichter (1901) 91
– Das Glashüttenmärchen (1906) 105
– Hanna Jagert (1893) 115
– Ein Nachwort zu »Hanna Jagert« (1893) 127
– Hartlebens »Erziehung zur Ehe« (1893) 131
– Frühlings Erwachen (1907) 137
– Ein Frühlingsdrama (1893) 143
– Der Graf von Charolais (1905) 155
– Der Talisman (1893) 167
Prosa 173
– Ossip Schubin (1892) 175
– Emil Marriot (1892) 193
– Elisabeth Siewert (1912) 221
– Angela Langer (1916) 229
– Ricarda Huch: Erinnerungen von Ludolf Ursleu dem Jüngern (1895) 235
– Der dritte Bruder (1898) 245
– Stillleben (1898) 247
– Sehnsucht, Schönheit, Dämmerung (1898) 249
– Das Kindlein (1911) 251
– Von Paul zu Pedro (1912) 255
– Im Traumland (1920) 261
– Waldemar Bonsels (1920) 263
– Eros und die Evangelien (1921) 279
– Paul Mongré: Sant Ilario, Gedanken aus der Landschaft Zarathustras (1898) 283
– Aphorismen (1898) 285
– Diekmanns Denkwürdigkeiten und Erinnerungen-Bücherei (1920) 287
Nicht-fiktionale Texte 289
– Vom Bazillus zum Affenmenschen (1900) 291
– Der werdende Mensch (1921) 293
– Realität und Gesetzlichkeit im Geschlechtsleben (1912) 295
– Die Diktatur der Liebe (1921) 303
Porträt einer Schauspielerin 305
– Die Duse (1893) 307
Verzeichnis der Erstdrucke/Erläuterungen 321
Zeittafel 375
Inhalt von Bd. 3.2: Literatur II/Ästhetische Theorie
Über den Autor
Das Leben der Lou Andreas-Salomé, die am 12. Februar 1861 in
St. Petersburg geboren wurde und am 5. Februar 1937 in Göttingen
verstorben ist, umfaßt die Emanzipation vom zaristischen
Rußland mit Hilfe eines sehr scharfen und sich keinerlei Zwängen
beugenden Verstands, die finanzielle Unabhängigkeit mit
Hilfe der Schriftstellerei und die bereitwillige umfassende Akzeptanz
des psychoanalytischen Prinzips in Bewunderung ihres
Gründers.
Die Stadien dieses Lebens könnten auch betitelt werden mit
den Namen der Weggefährten jener Zeiten – Friedrich Nietzsche,
Rainer Maria Rilke, Sigmund Freud –, man wird damit jedoch
diesem selbstbestimmten Frauenleben nicht annähernd gerecht.
Eine ausführliche Lebensbeschreibung von Lou Andreas-
Salomé findet sich in: »Lou Andreas-Salomé. ›Wie ich dich liebe,
Rätselleben‹. Eine Biographie«, von Michaela Wiesner-Bangard
und Ursula Welsch, die als Taschenbuch bei Reclam Leipzig 2002
erschienen ist (2. akt. Aufl. 2008). Sie ist auch als E-Book erhältlich
bei Medien Edition Welsch 2010 (erweitert um ein Kapitel zur
psychoanalytischen Theorie und Praxis von Lou Andreas-
Salomé).