Das Bewusstsein ist ein elastisches Gefüge, bevor es aber Sprache wird, muss es eine Reise durch den Körper machen. Marica Bodrožić legt in diesen Poetikvorlesungen ihren eigenen Denk- und Schreibraum frei und zeigt, auf welche Weise etwa die Hand an der ‚Republik der Poesie‘ mitarbeitet. Leben und Schreiben, Leser und Autor bilden für sie in diesen sprachphilosophischen Umkreisungen eine Einheit, die sich vor dem Hintergrund der Stille ereignet. Das Erhören der Worte, die das Wesenhafte wieder hervor holen, ohne sich zu wiederholen, formieren einen geistigen Kern in diesen Betrachtungen und verweisen auf Autoren wie Francis Ponge oder Edmond Jabès, die diesen Kern mitgeformt haben. ‚Das Auge hinter dem Auge‘ ist hier ein Verbündeter der schöpferischen Kraft und Synonym für das innere Schweigen, das am Geheimnis teilhat. Aus Schnittmengen von Schönheit und Sprache ergeben sich Spielformen des poetischen Erwachens und führen zu jenem ‚Fallschirmsprung aus dem Schlaf‘, von dem Tomas Tranströmer spricht. Diese inneren Ereignisse beschreibt Marica Bodrozic sehr genau und zeigt, wie sich uns autonome Sprach(t)räume zusprechen, wie sie uns lesen und beschriften, während wir glauben, dass es sich umgekehrt verhält.
Über den Autor
Marica Bodrožić wurde 1973 in Dalmatien geboren. 1983 siedelte sie nach Hessen. Sie schreibt Gedichte, Romane, Erzählungen und Essays. Für ihre Bücher erhielt sie zahlreiche Preise und Stipendien, darunter den Förderpreis der Literatur von der Akademie der Künste in Berlin, den Kulturpreis Deutsche Sprache, den Kranichsteiner Literaturpreis und den Literaturpreis der Europäischen Union. Marica Bodrožić lebt als freie Schriftstellerin in Berlin. Im Otto Müller Verlag erschienen: Ein Kolibri kam unverwandelt (2007), Lichtorgeln (2008), Quittenstunden (2011)