Das Ressentiment eignet demjenigen, dem die eigene Identität sowie der Wert derselben zutiefst fragwürdig geworden ist und der aufgrund fortwährend scheiternder Selbstbehauptung an einem zutiefst beschädigten Selbstverhältnis leidet.
Es äußert sich im verzweifelten wie fehlgeleiteten Versuch, Ohnmacht in Macht und Selbstzweifel in Selbstgewissheit zu verkehren – auf Kosten des ‚Anderen‘, der aufgrund der eigenen Schwäche gar nicht mehr anders denn als Bedrohung wahrgenommen werden kann. Die Feindbildkonstruktion ist daher die zentrale Funktion des Ressentiments, die Freund/Feind-Logik das zentrale Prinzip einer vom Ressentiment versehrten Gesellschaft.
Das Ressentiment ist eine Denk- und Gefühlsstruktur, die prädestiniert dafür scheint, von Populisten als Machttechnik instrumentalisiert zu werden.
Darum ist die Auseinandersetzung mit ihm – gerade in Anbetracht der teils dramatischen Erfolge des politischen Populismus – für die in die Defensive geratende Demokratie so eminent wichtig.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
1. Ressentimentbildung, primär:
Ohnmacht, Hemmung, Selbstvergiftung
2. Ressentimentbildung, sekundär:
Entrealisierung | Selbstbildstabilisierende Maßnahmen | Selbstinduziertes Leiden, selbstinduzierte Ressentimentbildung | Das Ressentiment als ›Zweite Natur‹
3. Ressentiment, individualpsychologisch:
Primat der Emotionen | Leidphänomen | Retrospektive | Ressentiment als ›besinnungsloser‹ Zustand | Primat der Negativität
4. Ressentiment, sozialpsychologisch:
Intrasubjektiv, intersubjektiv | Mikrosoziologisch | Makrosoziologisch | Die überindividuellen Qualitäten des Ressentiments
5. Ressentiment als Machttechnik:
Mobilisierung und Modellierung von Ressentiments durch den Populismus | Ressentimentale Gesellschafts(de)formationen
6. Philosophische Implikationen des Ressentiments Oder Die Geburt der europäischen Kultur aus dem Geist des Ressentiments:
Herrenmoral, Sklavenmoral | Das asketische Ideal, der asketische Priester | Die Bewahrung (und Verkleinerung) des Lebens | Der Fluch der ressentimentalen Umwertung | Der Segen der ressentimentalen Umwertung | Ressentiment & Nihilismus
7. Kritik des Ressentiments:
Religion | Sozietät | Moral
8. Wider das Ressentiment:
Das Ressentiment im Anderen | Das Ressentiment in mir
Über den Autor
Dr. Robert Müller, lebt und arbeitet als freier Autor in Erfurt. Er hat über den Nihilismusbegriff bei Nietzsche und dessen radikalen Gegensatz – Bedeutung im emphatischen Sinn – promoviert. „Vom Verlust der Bedeutungsschwere: Eine Zeitdiagnose des Nihilismus“ (2015) ist ebenfalls bei Text & Dialog erschienen.