Von der Geschichtsschreibung wenig beachtet, kam es auch in Süd-Ost-Asien nach Entdeckung der Hippalaos-Winde zu einem anwachsenden Schiffsverkehr. Die Hippalaos-Winde sind Passat- oder Monsunwinde, die etwa bis zum 20. südlichen und nördlichen Breitengrad um den Äquator in den unterschiedlichen Jahreszeiten von West nach Ost oder umgekehrt wehen. Schon lange vor der Zeitenwende betrieben Kaufleute Seehandel, der jedoch zuerst an nahen Küsten betrieben wurde, weil das offene Meer noch selten befahren wurde und erst mit der Kenntnis der Hippalaos-Winde erfuhr Handel und Schifffahrt eine Steigerung.
Zu der über Land laufenden Seidenstraße kam damit eine vielbefahrene Wasserstraße, die sogenannte ‚Maritime Seidenstraße‘, auf der die halbjährigen Wechselwinde in Äquatornähe geschickt genutzt wurden, und Schiffe von den Häfen des Roten Meeres bis nach Indien kaum zwei Monate unterwegs waren. Mit besseren Schiffsbauten und einer höheren Nachfrage nach seltenen und kostbaren Waren wie Gewürzen, wohlriechenden Ölen und Seide explodierte der Handel. Dazu kamen Landsuchende, Kaufleute, Abenteurer und Flüchtlinge, die neben Sicherheit auch den Erfolg suchten. Auch religiöse Eiferer und fromme Mönche begaben sich auf die unsicheren Meere, um ihren Glauben weiter zu tragen.
In ihrer Auswirkung wichtiger als die Suche nach Reichtum oder Sicherheit, war die Begegnung der Menschen, mit ihrer unterschiedlichen Lebensart, Kultur und Religion, wobei die indische Kultur und Religion dominierte. Man spricht deshalb von einer Kulturüberflutung Süd-Ost-Asiens durch die indische Kultur, sichtbar in Kunst, Bauwesen und Sakralbauten, ohne Berücksichtigung jeglicher lokaler Tradition. Diese ‚Indisierung‘ war ein Überstülpen der indischen Lebensart auf viele Völker Süd-Ost-Asiens, ohne die kreative Kraft dieser Völker zu respektieren.
Aus den Begegnungen entwickelten sich aber mit Hilfe der Einwanderer erste Gemeinwesen im Archipel, getragen vom wirtschaftlichen Erfolg und dem Handel.
Über den Autor
Rolf Weber wohnt seit 2004 auf der Insel Bali in Indonesien. Er arbeitet auf Anfragen von Besuchern als Reisebegleiter im gesamten Raum Süd-Ost-Asien mit dem Schwerpunkt Tempelanlagen. Vor dieser Zeit lebte und arbeitete er in Deutschland als Lehrer an Förderschulen und Berufsschulen.
Neben seinem Beruf galt sein lebenslanges Interesse der Historie, das zu einer Reihe von Publikationen zur mittelalterlichen Geschichte des Hunsrückraumes und umliegender Regionen führte, Die Beschäftigung mit Paläographie, Urkundenlehre und Archivkunde, sowie ein Studium der Archäologie und Ägyptologie schufen die Grundlage für weitergehende historische Projekte. Eines davon ist, nach seinem Ortswechsel nach Denpasar in Bali, die Erforschung und Beschreibung südostasiatischer Tempelbauten. Diese teils vergessenen, heute kaum besuchten Tempel sind einzigartige Denkmäler, sie verdienen die Aufmerksamkeit des an der Geschichte und Kultur Süd-Ost-Asiens interessierten Reisenden. Dieses Interesse zu wecken, zu informieren und Wege zu beschreiben ist die Absicht dieses Buches.