Die Seele wird mit Aristoteles als Prinzip verstanden, durch das sich lebendige von nicht-lebendigen Körpern unterscheiden. Eines ihrer Vermögen ist aber der Verstand. Die besondere Art der lebendigen Körper, d. h. ihre organische Struktur, führt dazu, die Seele als strukturierende Form des Körpers zu denken. Die menschliche Verstandeskraft ist zwar für den Ausgangspunkt des Erkennens auf Sinnesorgane angewiesen, aber Erkenntnis und ihr Anspruch auf Wahrheit ist als solche keine körperliche Konstellation. Wie sich beides in einen einheitlichen Gedanken zusammenführen lässt, ist eine der Grundfragen der ersten Untersuchungen. Die zweiten Untersuchungen gelten speziell den geistigen Wesen, ihrer Eigenart und ihrer Verbindung mit einem Körper. Wie wichtig und kontrovers diese Fragen waren und wie intensiv Thomas über sie nachgedacht hat, zeigt sich daran, dass er manche Fragen aus der ersten Untersuchung bereits nach kurzer Zeit ein zweites Mal aufwirft.
Über den Autor
Thomas von Aquin kommt um 1225 in Roccasecca bei Aquino zur Welt. Gegen den Willen seiner adeligen Familie tritt er während des Studiums in Neapel dem Dominikanerorden bei. Weitere Studienjahre in Paris und Köln bei Albertus Magnus folgen. 1252 beginnt Thomas die eigene Lehrtätigkeit zunächst in Paris, später in Italien, schließlich in Rom mit verschiedenen Ämtern im Vatikan. In seinen Vorlesungen stellt er bedeutende Kommentare zu Aristoteles vor, die bis heute grundlegend für die christliche Glaubenslehre sind. Hatte Thomas bereits in dem Frühwerk Über Seiendes und Wesenheit die Grundzüge seines philosophischen Denkens – den Realunterschied zwischen „Sein“ und „Wesen“ -dargelegt, folgt mit der Summe der Theologie eine didaktisch-systematische Darlegung fast aller philosophisch-theologischen Lehrgebiete. Dieses Handbuch zur Ausbildung der Dominikaner soll das Ungleichgewicht zu ungunsten der Dogmatik beheben und sich nicht auf Moraltheologie und Beichtpastoral beschränken. Die Einbeziehung aristotelischer Lehren in die Philosophie und Theologie hat bereits zu Lebzeiten Thomas von Aquins heftigen Widerspruch zur Folge, mehrere Sätze werden als häretisch verurteilt. Dennoch setzt sich seine Lehre durch, 1323 wird er heiliggesprochen und im 16. Jahrhundert in den Rang eines Kirchenlehrers aufgenommen. Thomas von Aquin hinterläßt mehr als 80 Schriften und stirbt 1274 auf einer Reise zum Konzil in Lyon.