Die wachsende Aufmerksamkeit der Mediziner für die Artikulation der Irren führte im 19. Jahrhundert nicht nur zur Geburt der modernen Psychiatrie, sondern ließ auch eine große Anzahl an »wahnsinnigen« Texten entstehen. Einige werden hier in Auszügen vorgestellt, so der ›Nothschrei eines magnetisch Vergifteten‹ von 1852 oder die Aufzeichnungen des Hungerkünstlers Succi in L. Lucianis ›Das Hungern. Studien und Experimente am Menschen‹ von 1890. Der zweite Teil des Bandes diskutiert, wie Wissenschaft und Wahnsinn sich im Rahmen der Psychiatrie gegenseitig zur Sprache verhalfen.
Mit Beiträgen von Michel Foucault, Sander L. Gilman, Wolfgang Hagen, Torsten Hahn, Albert Kümmel, Jutta Person, Nicolas Pethes, Stefan Rieger, Bernhard Siegert, Martin Stingelin und Christine Wunnicke.
Unveränderter Nachdruck der Ausgabe von 2002
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Experimentalparanoia: Konstruktion von Wahn und Wissen
Bücher von Geisteskranken. Aus meiner Sammlung
Walter Benjamin
Teil I: Experimentalparanoia
Melancholia daemonomaniaca occulta [Auszüge]
Dietrich Georg Kieser
Nothschrei eines Magnetisch-Vergifteten [Auszüge]
Friedrich Krauß
Das Hungern. Studien und Experimente am Menschen [Auszüge]
Luigi Luciani
Versuche zur Begründung einer wissenschaftlichen Experimentalmagie [Auszüge]
Ludwig Staudenmaier
Teil II: Das Wissen des Wahns
Die psychiatrische Macht
Michel Foucault
‚Auserwählt zum Aufbrauch‘ – Der bürgerliche Wahnsinn des Friedrich Krauß
Christine Wunnicke
Entzug des anregenden Feuers – Die Krauß-Maschine
Albert Kümmel
Psychopaths electrified – Wahnwege des Wissens im ‚Nothschrei eines Magnetisch=Vergifteten‘
Stefan Rieger
Gehörgänge ins Jenseits – Der telephonische Entzug des Ohres
Bernhard Siegert
Government denies knowledge – Friedrich Krauß` Verschwörungstheorie und
Grenzen des Rechts
Torsten Hahn
Die entwendete Elektrizität – Zur medialen Genealogie des `modernen Spiritismus`
Wolfgang Hagen
Abnormität und Irrsinn – Das Spektakel des Hungerkünstlers Succi
Jutta Person
Hypnotische Experimente zwischen Hysterie und Paranoia
Martin Stingelin
‚ L`aliéné ne raisonne plus expérimentalement ? ‚ Ludwig Staudenmaiers Experimentalmagie zwischen Okkultismus und Psychoanalyse
Nicolas Pethes
Otto Weiniger und Sigmund Freud – Rasse und Geschlecht in der Entstehung der Psychoanalyse
Sander Gilman
Über den Autor
Torsten Hahn ist wissenschaftlicher Assistent an der Universität zu Köln. Jutta Person Promoviert dort im Fachbereich Neuere deutsche Literatur. Nicolas Pethes ist im Rahmen des Emmy-Noether-Programms der DFG als Visiting Scholar an der Stanford University.