Das häufige Auftreten der Komorbidität rückte in den letzten 15 Jahren in den Fokus des klinischen und wissenschaftlichen Interesses. Vor allem Einrichtungen der medizinischen und psychosozialen Versorgung sehen sich zunehmend mit Klienten konfrontiert, die sowohl eine Substanzstörung als auch eine psychische Erkrankung aufweisen. Dieser Personenkreis ist inzwischen mehr die Regel als die Ausnahme. In der Versorgung dieser Klienten ergeben sich vielfältige Probleme, welche nicht zuletzt aus den unterschiedlichen Ansätzen der Suchthilfe und der Psychiatrie, sowie fehlenden konkreten Behandlungsrichtlichtlinien resultieren. Die Komorbidität von Sucht und schizophrener Psychose – um die es in dieser Arbeit überwiegend geht gilt als besonders schwer behandelbar. Sie zeichnet sich unter anderem durch eine hohe Rehospitalisierungsquote und somit einen hohen Kostenaufwand, begrenzte Bereitschaft zur Mitarbeit im therapeutisch-medizinischen Prozess, oftmals fehlende Abstinenzmotivation, eine Tendenz zur Chronifizierung der Erkrankungen, vermehrtes Abgleiten in die Obdachlosigkeit und eine deutlich erhöhte Suizidrate aus. Dies alles deutet auf eine eingeschränkte Lebensqualität der Betroffenen hin. Ziel dieser Arbeit ist zum einen die umfassende Darstellung des Phänomens der Komorbidität und dessen Behandlung, zum anderen die Erarbeitung der sich daraus ergebenden Konsequenzen für die psychosoziale Praxis.
Als Einführung in die Thematik werden zunächst die zentralen Begrifflichkeiten – Substanzmittelabhängigkeit, Schizophrenie und Komorbidität definiert. Darauf aufbauend wird das Vorkommen der Komorbidität von Sucht und schizophrener Psychose in der Bevölkerung anhand verschiedener empirischer Studien untersucht.
Im Anschluss wird bei der Schilderung des Verlaufs beider Erkrankungen auf charakteristische Besonderheiten eingegangen. Daraufhin erfolgt die Darstellung verschiedener Theorien zur Entstehung der Komorbidität. Diese mögen einen guten Ansatz zum tieferen Verständnis sowohl der Betroffenen als auch der Störungskombination selbst in sich bergen. Der Behandlung der Komorbidität auf die gegenwärtige Situation in Deutschland bezogen und der Bedeutung eines integrierten Ansatzes in Berlin sollen im folgenden Kapitel Aufmerksamkeit entgegengebracht werden.
Im empirischen Teil dieser Studie geben die Betroffenen anhand geführter Interviews einen Einblick in das Erleben ihrer Krankheit. Experten zum Thema stellen die Komorbidität und den Umgang sowie die Schwierigkeiten mit dieser Klientel aus ihrer Sicht dar. Die Interviews werden danach auf ihre Unterschiede und Gemeinsamkeiten untersucht und verglichen.
Über den Autor
Ute Seydel, geb. am 07.02.1974 in Hof, wohnhaft in Berlin, Diplom-Sozialpädagogin, Studium an der Hochschule Magdeburg – Stendal, Forschungsschwerpunkte Sucht, Psychiatrie und Untersuchung der Komorbidiät in Berlin, Diplom 2008.