An einem Sommerabend in Tokio sah Vladimir Sorokin einmal einen Koch, der einen Eimer mit Eisstücken ausschüttete. Diese Szene lieferte ihm die Inspiration für seine Eis-Trilogie, mit der er sich endgültig in die allererste Riege russischer Schriftsteller schrieb und die seinen internationalen Ruhm begründete.
Im Mittelpunkt der drei Romane ‚Bro‘, ‚Das Eis‘ und ‚23000‘ steht die ‚Bruderschaft des Lichts‘ mit ihrem Gründungsmythos, an den sich der Geologe Bro anlässlich einer Expedition zum Tungus-Meteoriten zurückerinnert. Die Brüder und Schwestern begreifen sich als Auserwählte, die sich wiederfinden und in Lichtstrahlen zurückverwandeln müssen. Nur so können sie selbst zu einer Art ewigem Sein zurückfinden. Dafür muss jedoch der kosmische Fehler einer sich reproduzierenden Menschheit, die real existierende Hölle aus Körperlichkeit und Gewalt, rückgängig gemacht, diese Menschheit also ausgerottet werden.
Sorokin verwebt hier reale Ereignisse, die Historie Russlands – sowjetisch und post-sowjetisch – mit Phantastischem und mit Thriller-Elementen. Virtuos wechselt er Genres, Stile und Erzähltechniken und reichert seine Romane mit viel Zeitdiagnostik und literarischen Anspielungen an. Doch hinter all dem steht am Ende eine uralte Sehnsucht, die Sorokin selbst so beschreibt: “Das Eis‘ handelt nicht vom Totalitarismus, sondern von der Suche nach dem verlorenen seelischen Paradies.‘
Über den Autor
Andreas Tretner, geboren 1959 in Gera, übersetzt aus dem Russischen, Tschechischen und Bulgarischen. Ausgezeichnet mit dem Paul-Celan-Preis (2001) und dem Internationalen Literaturpreis des Hauses der Kulturen der Welt (2011).