Gegenüber den Hauptredaktionen A, B und C standen die Mischredaktionen D, I und d stets im Abseits. Da die betreffenden Handschriften sowohl Elemente der nôt- wie auch der liet-Fassung in sich vereinen, wurden sie allenfalls als Zulieferer von Lesarten für die kritischen Ausgaben nach A, B und C wahrgenommen. Erst die Einsicht in die Unmöglichkeit einer verbindlichen Stemmagliederung der Handschriften hat die eingehendere Befassung mit diesen Nebenredaktionen beflügelt und die Stimmen nach eigenen Ausgaben laut werden lassen. Redaktion D ist mit sieben Textzeugen – den weitgehend vollständigen Handschriften D und b sowie den Fragmenten N, P, S, V und AA – gut überliefert. Trotz der generellen Übereinstimmungen zwischen den Handschriften ist eine Ausgabe nach einer Leithandschrift nicht zielführend. Vielmehr erfordern D und b eine Paralleledition, da sie im Detail immer wieder eigene Wege gehen und ein ›Grundtext‹ *D daher nicht rekonstruierbar ist. Mit dieser synoptischen Ausgabe nach D und b soll die redaktionelle Erfassung des ›Nibelungenlieds‹ vorangetrieben werden.
Über den Autor
Walter Kofler, geb. 1961, Studium der Germanistik und Geschichte an der Universität Salzburg, Promotion 1993, tätig als Journalist und Öffentlichkeitsarbeiter. Forschungsschwerpunkt: Mittelhochdeutsche Spielmanns- und Heldendichtung (besonders Heldenbücher, Nibelungenlied, Orendel, Ortnit und Wolfdietrich).