Am 1. Oktober 1894 nahmen die ersten evangelischen Bahnhofsmissionarinnen am Berliner Bahnhof Friedrichstraße ihre Arbeit auf und leisteten Orientierungshilfe für die massenhaft Stellung suchenden Frauen, die in die deutsche Hauptstadt einwanderten. In die städtische Öffentlichkeit traten Frauen jedoch nicht nur durch ihr wohlfahrtspolitisches Wirken an den Berliner Fernbahnhöfen, sondern auch durch ihr Engagement im Trägerverein der Bahnhofsmission, dem Verein zur Fürsorge für die weibliche Jugend, als auch im Dachverband der sich langsam entwickelnden Evangelischen Deutschen Bahnhofsmission. Damit gelang es ihnen, über viele Jahrzehnte auf verschiedene Weise und mit unterschiedlichem Einflusspotenzial öffentliche Räume – wenn auch begrenzt – zu konstituieren und zu erhalten. Astrid Kirchhof zeigt, dass ein bis weit in das 20. Jahrhundert hinein wirkendes Konstrukt, das die Gesellschaft in eine vermeintlich klar getrennte private und öffentliche Sphäre trennt und Frauen sowie Männer je einem Bereich zuordnet, wenig tauglich ist, die sozialen Beziehungen zwischen den Geschlechtern und die historische Wirklichkeit von Frauen angemessen zu analysieren.
Sobre el autor
Astrid Mignon Kirchhof studierte Geschichts- und Kulturwissenschaften sowie Amerikanistik in Berlin und Sydney. Sie wurde 2008 an der Technischen Universität Berlin promoviert.
Seit 2010 ist sie Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Humboldt Universität Berlin und leitet dort ein Projekt zur Naturschutz- und Umweltgeschichte in beiden deutschen Staaten nach 1945.
Forschungsschwerpunkte: Naturschutz- und Umweltgeschichte in der DDR, Bundesrepublik und Australien, Frauen- und Geschlechtergeschichte, Stadt- und Urbanisierungsgeschichte, Geschichte des Nationalsozialismus, Migrationsgeschichte, protestantische Wohlfahrtsgeschichte.