Die Branzilla ist eine Geschichte von Heinrich Mann. Sie gehört nicht zu seinen bekanntesten Werken, zeigt aber ganz eigene Facetten.
Auszug:
Die junge Sängerin verließ das Klavier und ging der dahinten noch lauschenden Gesellschaft entgegen. Ganz allein ging sie zwischen den Säulen, den Büsten mit pomphaft zurückgeworfenen Perückenköpfen über den weiten, spiegelnden Steinboden. Sie streckte sich sehr gerade, sah senkrecht vor sich hin; und die Arme ausgebreitet, hielt sie zwei blasse Fingerspitzen an ihrem großen, runden Rock, der sich rings um sie her am Estrich zerdrückte, wie sie vor der Prinzessin das Knie bog. Die Prinzessin bot ihr gnädig die Bonbonniere. »Welch einen Engel diese Kleine in der Kehle hat!« Die alten Frauen bewegten befriedigt die Fächer und lächelten ihren alten Galans zu, die sich räusperten und von Erinnerungen anfingen. Die jungen Männer zogen die Köpfe in die hohen Kragen ihrer braunen Röcke, ließen ihre Lorgnons gesenkt und preßten bleich die Lippen aufeinander. Eins der jungen Mädchen, das begehrteste von Rom, stand plötzlich auf – die gestickten Kränze ihres Saumes schaukelten über ihren kleinen Schuhen – und warf die Arme um die Branzilla.
Sobre el autor
Heinrich Mann (1871-1950) war der ältere Bruder von Thomas Mann und wie dieser auch Schriftsteller. Sein Werk gilt als Geheimtipp unter Literaturkennern, da es weitgehend unbekannt ist.