Im Jahr 2011 bricht die tunesische Revolution aus. Bürgerinnen und Bürger besetzen im ganzen Land öffentliche Plätze, fordern politische Freiheits- und Gleichheitsrechte und soziale Gerechtigkeit. In dieser Studie kommen die Akteurinnen und Akteure der Revolution zu Wort. So werden ihre Motive und ihre politischen Vorstellungen sichtbar. Das Buch gibt Aufschluss über die ideellen Wurzeln der Revolution und fragt nach den Entstehungsbedingungen politischer Praxis und Vorstellungskraft in Kontexten von Protesten.
Ausgewählt für die Shortlist des Opus Primum – Förderpreis der Volkswagen Stiftung für die beste Nachwuchspublikation des Jahres 2020
Tabla de materias
Inhalt
1. Einleitung 11
1.1 Untersuchungsgegenstand: Politische Ideen in der Praxis denken 13
1.2 Vorgehen, Fragestellung und Hypothese 16
1.3 Empirisch Forschen in revolutionären Zeiten 20
1.4 Forschungsstand 25
1.4.1 Frühling oder Revolution? 28
1.4.2 Der tunesische Revolutionsprozess zwischen einer eurozentrischen und einer arabischen Geschichtsschreibung 30
1.4.3 Die Angst vor Islamismus oder Orientalismus reloaded 34
1.4.4 Die »autoritäre Ausnahme« oder die fünfte Welle der Demokratisierung 36
1.4.5 Die Analyse sozialer Faktoren 38
1.4.6 Warum diese Interpretationen nicht erschöpfend sind 43
1.5 Aufbau des Buches 44
Teil I: Begriffe und Kontext
2. Das Imaginäre und die Revolution – eine theoretische Annäherung 51
2.1 Was ist eine Revolution? 51
2.1.1 Revolution – von der Rotation über die Restauration zum Neuanfang 52
2.1.2 Von der Schwierigkeit, Beobachterin gegenwärtiger Revolutionen zu sein 56
2.1.3 Revolution – ein gewaltvolles Phänomen? 62
2.1.4 Wer ist das Subjekt von Revolution? 70
2.1.5 Revolution zwischen historischer Notwendigkeit und Freiheit 74
2.1.6 Die Leerstelle der Revolutionsforschung: Imaginäre und Narration 78
2.2 Das Imaginäre bei Castoriadis 80
2.2.1 Die Bedeutung der Imagination für das Subjekt 83
2.2.2 Die Rolle der imaginären gesellschaftlichen Bedeutungen in der Gesellschaft 88
2.2.3 Imaginäre, Geschichte und Revolution 95
2.2.4 Die Imaginäre revisité 102
3. Die Staatsnarrative unter Bourguiba und Ben Ali 109
3.1 Das Gründungsnarrativ der (autoritären) Moderne 110
3.2 Die (kurzlebige) Demokratisierung 115
3.2.1 Eine unwirksame Opposition 120
3.2.2 Eine unterwanderte Gewerkschaft 126
3.2.3 Eine zum Schweigen gebrachte Zivilgesellschaft 130
3.3 Der (paternalistische) Staatsfeminismus 138
3.3.1 Die rechtliche und ideelle Grundlage 138
3.3.2 Die Instrumentalisierung des Staatsfeminismus 141
3.4 Der vernunftgeleitete Islam 143
3.4.1 Das säkular-religiöse Fundament der Stabilität des Staates 143
3.4.2 Der moderne Islam zwischen politischer Verfolgung und staatlicher Bemächtigung 146
3.5 Im Schatten des Wirtschaftswunders 150
3.5.1 Die Liberalisierung ohne Liberalismus 154
3.5.2 Arbeitslosigkeit und Korruption 158
3.5.3 Ein Land am Rande der sozialen Explosion (Gafsa) 164
3.6 Von den Staatsnarrativen zur tunesischen Identität 167
Teil II: Kartografie der tunesischen Imaginäre
4. Wann entstehen die tunesischen Imaginäre? 171
4.1 Wenn das Regime stürzt 172
4.1.1 Von der Schwierigkeit, jenseits der Diktatur zu denken 172
4.1.2 Wenn die revolutionäre Erfahrung den imaginären Erwartungshorizont öffnet 179
4.2 Wenn die Angst vor dem Regime überwunden wird 183
4.2.1 Von der Angst, über Politik zu sprechen 185
4.2.2 Von der politischen Instrumentalisierung der Angst 187
4.2.3 Das Paradox der Überwindung der Angst 192
4.3 Wenn das Internet sich zur Stätte des Widerstandes
entwickelt 203
4.3.1 Die Suche nach geschützten Räumen des Politischen 203
4.3.2 Das Internet als Raum der Politisierung 205
4.3.3 Das Internet als Raum einer realitätsnahen Berichterstattung 211
4.3.4 Das Internet als generationsspezifischer Raum politischer Vernetzung 215
4.3.5 Wenn das Internet als Raum politischer Satire die Angst entschärft 220
4.4 Die Befreiung der Imaginäre 222
5. Talking about revolution 226
5.1 Die »Revolution der Würde und der Freiheit« 227
5.1.1 Menschliche Würde als Recht auf ein Leben ohne willkürliche Gewalt 230
5.1.2 Bürgerliche Würde als Recht auf politische Teilhabe 232
5.1.3 Nationale Würde zwischen Kritik am internationalen Kapitalismus und an sozialer Ungleichheit 233
5.1.4 Religiöse Würde als Religionsfreiheit 241
5.1.5 Das Verhältnis von Würde und Freiheit 243
5.1.6 Die »Revolution der Würde« als Vollendung der Dekolonialisierung? 249
5.1.7 Würde als »leerer Signifikant« 252
5.2 Die leader-lose Revolution 254
5.2.1 Die Laudatio der Horizontalität und der Selbstregierung 256
5.2.2 Das Oxymoron der leader-losen Revolution 277
5.
Sobre el autor
Nabila Abbas ist Politikwissenschaftlerin und hat an der Université de Paris 8 Vincennes-Saint-Denis und an der Universität Gießen promoviert. Sie lehrt an Sciences Po Paris.