»In meinem eigenen Land konnte mir nichts zustoßen, und dennoch wuchs meine Unruhe, je weiter ich fuhr. Die Wirklichkeit war für mich immer eine unbekannte Größe gewesen«, konstatiert der männliche Erzähler in Anna Kavans Eis zu Beginn seines taumelnden Berichts, während er einer ihm gläsern erscheinenden Frau hinterherjagt und sie in die unendliche Wüste einer postapokalyptischen Eislandschaft treibt. Während die zeitlose Handlung zwischen extrem lebensfeindlicher Realität, fieberhafter Halluzination und brutalen Traumgebilden im gleißenden Licht verschwimmt, schiebt sich der Text wie übereinanderknirschende Eisschollen immer tiefer in das Leserhirn.
Ob endzeitliche Science-Fiction-Story, Allegorie einer lebenslangen Heroinsucht, ob Verarbeitung persönlicher Traumata oder Zeugnis zutiefst entfremdeten Weltbezugs – wie auch immer die Kritik das Buch zu fassen versuchte: Kavans kristalline Prosa zeugt von der zugleich unendlich leeren wie überkomplexen Wirklichkeit eines inneren Kontinents weiblicher Empfindungen von seltener Dimension.
Mit dem 1967 kurz vor ihrem Tod publizierten Eis liegt nun erstmals das bekannteste und erfolgreichste Buch dieser Ausnahmeautorin auf Deutsch vor.
A propos de l’auteur
Anna Kavan (1901–1968) begann während ihrer ersten Ehe zu schreiben und veröffentlichte zunächst unter dem Namen Helen Ferguson ihre Romane, bis sie 1939 Namen und Aussehen ihrer eigenen Hauptfigur Anna Kavan annahm.
Sie hinterließ ein beeindruckendes, von zahlreichen Autor:innen wie
Anaïs Nin, Doris Lessing, JG Ballard bis Patty Smith und Jonathan
Lethem hochgeschätztes Werk.