Seit der Aufklärung werden Erfahrungen des Leidens nicht mehr als gottgewollt und unabänderlich betrachtet. Das mit Ungleichheit, Armut oder Gewalt verbundene Leid gilt von nun an als überwindbar. Die Befreiung aus dem Elend wird zu einem emanzipatorischen politischen Projekt. Gleichzeitig hat die Politisierung des Leidens, die konstitutiv für die Moderne ist, aber auch eine Schattenseite: Weil die Position des Opfers mediale Aufmerksamkeit und verbürgte Authentizität verspricht, wird sie politisch instrumentalisierbar. Affektiv aufgeladene Opfernarrative, die sich mitunter an Feindbildern abarbeiten, dienen nicht nur sozialen, sondern auch autoritären Bewegungen als Begründung für ihr politisches Handeln. Daniel Burghardt ordnet aktuelle Debatten um soziale Ungleichheit und einen neuen Autoritarismus historisch wie theoretisch ein und schärft den kritischen Blick auf Leidenserfahrungen des (spät-)modernen Menschen.
Table des matières
Die Permanenz des Leids. Einleitung
1 Elend und Erkenntnis. Oder über das Ende der besten aller Welten
2 Die Verelendung der Armen. Oder über das Ausbleiben der Revolution
3 Das Elend im Unbewussten. Oder über ein altes Unbehagen und einen neuen Autoritarismus
4 Das Elend der Herkunft. Oder über Repräsentation und (subalterne) Emanzipation
5 Das Elend der Anderen. Oder über Emanzipation und Naturbeherrschung
Der 7. Oktober 2023 und die Versuche der Kontextualisierung des Leids. Nachwort
Literatur