Das Finanzsystem durchlebt eine schwere Krise, die führende Weltmacht foltert feindliche Kämpfer auf einer entlegenen Insel und viele, vor allem arme Menschen sterben an einer gefährlichen Geschlechtskrankheit. Literarisch hochbegabte Autoren sind beim breiten Publikum unbekannt und bitterarm, zudem weigern sich die Verlage, ihren Lesern Bücher über Homosexuelle zuzumuten. Mit Hotel de Dream hat Edmund White einen hochaktuellen Roman geschrieben – er spielt im New York des Jahres 1900.
Der Roman beschreibt die letzten (fiktiven) Tage im Leben des (realen) Autors Stephen Crane, einer Art ‘James Dean’ der amerikanischen Literatur Ende des 19. Jhdts. Diesem sehr ‘normalen’ jungen Mann läuft eines Tages der kleine Stricher Elliott in die Arme, Crane gibt ihm zu essen und die beiden lernen sich kennen. Den Tod vor Augen wagt Stephen Crane es einige Jahre später, das Leben dieses Straßenjungen literarisch aufzuarbeiten, obwohl er weiß, dass ein solches Buch im prüden Amerika niemals erscheinen wird.
Edmund White kombiniert virtuos reale Fakten und Personen mit literarischer Fantasie. Sein ‘City Boy’ Elliott führt die Leser durch die homosexuelle Unterwelt New Yorks zur vorigen Jahrhundertwende, und gleichzeitig empfängt der Autor Crane in seinem englischen Exil Berühmtheiten wie Henry James und Joseph Conrad, die beide zu dieser Zeit genau wie er weitgehend mittellos sind; ihre Porträts sind kleine Meisterwerke voller Liebe und Bosheit.
Mit dem Roman im Roman über den kleinen Elliott erzählt White eine wundervolle Liebesgeschichte, die ihre Wucht nicht zuletzt aus den feindlichen Umständen gewinnt, gegen die sie sich behaupten muss.
A propos de l’auteur
Edmund White wurde 1940 in Cincinnati geboren. Als Mitbegründer der Autorengruppe The Violet Quill ist er seit den 1970er Jahren eine der wichtigsten Stimmen der Literatur schwuler Autoren der USA. In Deutschland erschienen seine Romane seit Anfang der 1980er Jahre bei Rowohlt, S. Fischer und Kindler; inzwischen umfasst sein Werk zwölf Romane sowie Reiseberichte, biografische und autobiografische Texte und Essays. Besondere Aufmerksamkeit erlangte er hierzulande mit seiner Biografie über Jean Genet. Die schwule Leserschaft kennt ihn als Verfasser von ‘Staaten der Sehnsucht’, einer Bestandsaufnahme schwulen Lebens in den USA zu Beginn der Schwulenbewegung, als Ko-Autor des Sexratgebers ‘Die Freuden der Schwulen’ und durch die autobiografisch gefärbte Romantrilogie ‘Selbstbildnis eines Jünglings’, ‘Das schöne Zimmer ist leer’ und ‘Abschiedssymphonie’.
Seit 1998 unterrichtet Edmund White kreatives Schreiben in Princeton; seit 1995 lebt er mit seinem Freund – und seit 2012 Ehemann – Michael Carroll zusammen. Dass der ‘Anti-Assimilationist’ White sich zu heiraten entschloss, war dem ‘Advocate’ ein einseitiges Interview wert.