Boves Protagonisten sind nicht selten einsame Menschen, die an einem kritischen Punkt ihres Lebens angelangt sind und nicht mehr weiterkommen. Ein meist geringfügiger Anlass treibt sie in Verzweiflung, meist scheitern die Versuche, das Problem zu lösen. Schicksalsergeben lassen sie sich auf das ein, was sie umtreibt, ungläubig manchmal, hadernd mit ihren Vorstellungen von einem anderen, schöneren Leben, das wieder einmal nur in der Vorstellung Bestand haben durfte. Diese Vorstellungen werden jedoch nicht denunziert, auch nicht die übermäßige Sehnsucht, sie zu verwirklichen. Meist sind es Bagatellen, die den Helden in die Quere kommen – aber so, wie Bove sie darauf reagieren lässt, wird daraus eine Tragödie, der schließlich, auf vertrackte Weise, nicht mehr zu entkommen ist.
‘Das Verbrechen einer Nacht’ ist der erste Text, den Emmanuel Bove schrieb. 1923 bietet er ihn der Zeitschrift ‘Matin’ an. Die verantwortliche Redakteurin Colette ist so begeistert, dass sie die Veröffentlichung seines ebenfalls gerade fertiggestellten Romans ‘Meine Freunde’ vermittelt, der ihn 1924 berühmt machen wird.
Knapp 90 Jahre nach dem Erscheinen der Originalausgabe 1928 liegt nun erstmals eine deutschsprachige Ausgabe der sieben Erzählungen vor.
‘Seine Figuren gehen noch heute durch die Straßen, nicht nur in den zwanziger Jahren. Es gibt eine Art von trister Ewigkeit, Leute, die in der Erwartung leben, die immer warten.’ (Peter Handke)
Zum Weiterlesen:
‘Emmanuel Bove. Eine Biographie’ von Raymond Cousse und Jean-Luc Bitton
ISBN 9783860347096
Table des matières
Das Verbrechen einer Nacht
Ein anderer Freund
Abendlicher Besuch
Was ich gesehen habe
Geschichte eines Wahnsinnigen
Die Rückkehr des Kindes
Ist es eine Lüge?
Editorische Notiz
A propos de l’auteur
1898 als Sohn eines russischen Lebemanns und eines Luxemburger Dienstmädchens in Paris geboren, schlug sich Emmanuel Bove mit verschiedenen Arbeiten durch, bevor er als Journalist und Schriftsteller sein Auskommen fand. Mit seinem Erstling ‘Meine Freunde’ hatte er einen überwältigenden Erfolg, dem innerhalb von zwei Jahrzehnten 23 Romane und über 30 Erzählungen folgten.
Nach seinem Tod 1945 gerieten der Autor und sein gewaltiges Œuvre in Vergessenheit, bis er in den siebziger Jahren in Frankreich und in den achtziger Jahren durch Peter Handke für den deutschsprachigen Raum wiederentdeckt wurde. Heute gilt Emmanuel Bove als Klassiker der Moderne.