Wie fast immer kommt Branstner auch in dieser Auseinandersetzung mit dem Theater recht schnell auf eines seiner Lieblingsthemen zu sprechen. Dieses Thema ist die Heiterkeit:
Das ursprüngliche und eigentliche Wesen des Menschen aber ist Heiterkeit. Und das Theater lebt mehr als alle andere Kunst von diesem Wesen des Menschen. Daher ist die Phase der Negation als das zweite Stadium der Vorgeschichte des Theaters auch sein finsterstes. Das ursprüngliche und eigentliche Wesen des Menschen sei Heiterkeit? Das ist zu belegen, sagt Branstner und fügt sogleich solche Belege aus vielen Teile der Erde an, von den Eskimo und Indianern Nordamerikas (damals durfte man sie offenbar noch so bezeichnen) bis zu den Schwarzafrikanern.
Damit ist laut Branstner eine Grundstimmung ausgemacht. Von dort aus ist es auch nicht mehr sehr weit bis zum Kommunismus:
Im Kommunismus wird nicht nur die allgemeine Funktion der Kunst erst eigentliche. In ihm erhält die Kunst auch erst ihren eigentlichen Inhalt. Wir hatten die auf sozialer Gleichheit beruhende Freiheit der Naturvölker als Voraussetzung ihrer Heiterkeit erkannt. Indem der Kommunismus diese Freiheit erneuert, erneuert er auch die Voraussetzung der Heiterkeit. Nur hat diese Heiterkeit eine höhere historische Qualität. Sie hat außer der sozialen auch die Freiheit gegenüber der Natur zur Voraussetzung, und sie hat die verkehrte Welt hinter sich. Die Welt der Klassengesellschaft kann, auch wenn sie historisch notwendig ist, nicht die eigentliche Geschichte der Menschheit, sie kann nur deren Vorgeschichte, nur die zweite Phase dieser Vorgeschichte sein. Könnte sie sonst die Heiterkeit, die schönste Form der menschlichen Wesensart, in ihr Gegenteil, in Ernst verkehren? Könnte sie sonst das Ende der Menschheit, den Untergang der Gattung Mensch auf die Tagesordnung setzen? (Allein die Kosten der Vorbereitung und Vermeidung eines Krieges bezahlt die Menschheit zunehmend mit ihren natürlichen und sittlichen Existenzbedingungen.) Und so definiert der Autor das Theater als eine spezifische Form des Spiels der heiteren Verstellung.
Etwas später schreibt Branstner:
In diesem Sinne ist das Theater Heiterkeit des Augenblicks. Auch das eigentliche. Nur ist die eigentliche Heiterkeit philosophische, daher ist seine Heiterkeit immer auch Philosophie des Augenblicks. Das macht den Unterschied. Daher muss das eigentliche Theater als Philosophie des Augenblicks definiert werden. Und als das ist es immer auch Augenblick der Philosophie.
Table des matières
Kurzgeschichte der Gesetze des Theaters
I. Theater einstmals
II. Theater dereinst
III. Die Technik der Kunst
IV. Die Spezifik des Theaters
V. Das Theater der Commedia dell`arte
VI. Das Theater der deutschen Klassik
VII. Theater heute
Schwitzbad
Vergleich der Originalfassung des „Schwitzbades’’ mit der Neufassung
A propos de l’auteur
Geboren am 25.Mai 1927 in Blankenhain/Thüringen, Volksschule, drei Jahre Verwaltungslehre.
1945 Soldat im 2. Weltkrieg, bis 1947 in amerikanischer, französischer und belgischer Kriegsgefangenschaft.
1949 – 1951 Abitur an der ABF Jena, 1951 bis 1956 Studium der Philosophie an der Humboldt-Universität Berlin, 1963 Promotion (Dr. Phil.).
1956 – 1962 Dozent an der Humboldt-Universität, 1962 – 1964 Lektor, 1966 – 1968 Cheflektor Eulenspiegelverlag/ Das Neue Berlin.
Ab 1968 freiberuflicher Schriftsteller.
2008 in Berlin verstorben.