Vorwort Von psychischem Trauma war lange Zeit überhaupt nicht die Rede. Schlägt man Lehrbücher aus Fachdisziplinen wie Psychiatrie, Klinische Psychologie, Sozi- arbeit, Kinderpsychiatrie, Heilpädagogik oder Psychotherapie auf, die vor 1998 erschienen sind, dann taucht „Trauma“ oft nicht einmal im Sachregister auf. Praktiker dieser Disziplinen sind demgegenüber täglich mit den Folgen trau- tischer Erfahrungen ihrer Klienten/Patienten konfrontiert. Weshalb fanden diese Erfahrungen keinen Eingang in den wissenschaft- chen Diskurs? Die Antwort liegt nahe, daß Wissenschaftler dieser Disziplinen bis hin zu den Psychotherapeuten, den gleichen Abwehrmechanismen gegen Trauma unterliegen wie die Bevölkerung im allgemeinen, vor allem dem – chanismus der Opferbeschuldigung: selber schuld. Weshalb ging das Opfer einer Vergewaltigung gerade um diese Uhrzeit diesen Weg entlang? War das nicht vorherzusehen? Sind Opfer nicht auch generell mit verantwortlich oder zum- dest doch mitbeteiligt, an dem was ihnen angetan wurde? Sind sie nicht Teil eines sog. „Täter-Opfer-Systems“? So irrational die „Lösung“ der Operbeschuldigung, die blaming-the-vict- solution auch ist, so fest scheint sie im magischen Denken derer verankert zu sein, die nicht betroffen sind, bisweilen sogar im magischen Denken der Opfer selbst. Von daher ist kaum verwunderlich, daß auch der wissenschaftliche D- kurs von der blaming-the-victim-solution gepräft war und oft noch ist. Wenn Traumatisierung nicht überhaupt ignoriert wird, dann muß das Opfer irgendwie doch mitverantwortlich sein oder – wie in der Psychoanalyse – das Trauma schon aus der frühen Kindheit stammen und/oder ihm eine problematische P- sönlichkeitsstruktur zugrunde liegen. Nach dem sog.
Table des matières
Psychodynamische Psychotherapie und Traumabehandlung — Definition und Einführung.- Integrative psychotherapeutische Diagnostik bei Traumatisierungen und PTBS.- Chronischer Streß auf der Ebene der Molekularbiologie und Neurobiochemie.- Neurobiologie der Posttraumatischen Belastungsstörung.- Auf dem Weg zur Aggressionskompetenz — Perspektiven und Praxis der Integrativen Leib- und Bewegungstherapie.- Neue Bindungen wagen: personzentrierte und beziehungsorientierte Therapie bei komplexer Traumatisierung.- Stabilisierung in der Traumaadaptierten Tanz- und Ausdruckstherapie — TATT.- Traumatherapie — aus dem Blickwinkel der Integrativen Therapie.- Vom Psycho-Therapeuten zum Symptom-Techniker?.
A propos de l’auteur
Prof. Dr. Gottfried Fischer ist Direktor des Instituts für Klinische Psychologie und Psychotherapie der Universität zu Köln.
Peter Schay, Master of Science, Psychotherapeut, Dipl. Supervisor und Dipl. Sozialarbeiter, ist Geschäftsführer der ambulanten und (teil-)stationären Einrichtungen der Drogenhilfe im Therapieverbund Ruhr-Mitte und Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Integrative Therapie, Gestalttherapie und Kreativitätsförderung e.V. (DGIK).