Harald Weigel 
Festschrift für Horst Gronemeyer zum 60. Geburtstag [PDF ebook] 

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Die Anzeige einer Festschrift mit 33 Beiträgen von unterschiedlichster Thematik macht nicht geringe Schwierigkeiten und führt zwangsläufig zu der Frage: cui bono? Die Antwort hat in der Festschrift Gronemeyer H. Flitner unter dem Titel , Lob der Festschrift’ gegeben. Eine , Festschrift ehrt, sie mehrt, sie nährt’. Beschränkt man sich auf die Ehre, dann ist es nicht nur derjenige, dem die Festschrift gilt, sondern es sind auch die Beiträger, die sich durch ihre Mitwirkung geehrt fühlen. Dessen ungeachtet hat der Rezensent den sicheren Eindruck, daß sich in dieser Festschrift ein wirklicher Freundeskreis aus Universität, Bibliothek, Fachhochschule und anderen, vornehmlich Hamburger Institutionen zusammengefunden hat, dem die Freundschaftsbekundung für H. Gronemeyer ein echtes Anliegen ist. Von daher hat diese Festschrift ein sehr persönliches Gesicht. Sie erweist sich zugleich als eine Eloge auf Hamburg und auf die kulturelle Szene dieser bedeutenden Stadt.

Thematisch sind folgende Komplexe zu unterscheiden: Buch- und Bibliothekswesen (Geschichte und Aktuelles), Literaturgeschichte (insbesondere Klopstock) und Verschiedenes. Zum Buchwesen finden sich Aufsätze über den Büchernarren (Reinhold Busch), über Buchdrucker mit dem Schwerpunkt Gutenberg (G. Ruppelt), über die Hamburgische Druck- und Verlagsgeschichte des 19. Jh. (H. v. Schade), über die Bindung von Verlagen an Subskriptionspreise (J. Chr. Göden) und über die Zukunft des Buches im Medienzeitalter (K. P. Deneker). Die Bibliotheksgeschichte wird vertreten durch Beiträge zur antiken Textüberlieferung (K. Alpers), zu einer als Kriegsbeute nach Rußland verbrachten hamburgischen Handschrift des 16. Jh. (N. Krüger), zur Frühzeit der Bibliothek des Herzogs Otto I. von Braunschweig-Lüneburg in Harburg (Ralf Busch) und über die Bibliotheksreise eines jungen Altonaers nach Italien 1780-1782 (F. Andrae). Sehr lesenswert sind die Aufsätze, die sich mit der Hamburger Stadtbibliothek im 19. Jh. beschäftigen: mit dem Jahresbericht 1849 (D. Roth), über die vergeblichen Versuche, der Bibliothek das Pflichtexemplarrecht zukommen zu lassen (O.-E. Krawehl) und über die umstrittene Öffentlichkeitsarbeit anläßlich eines in Hamburg veranstalteten Journalistentags 1894 (H.-D. Loose). In diesen Kontext gehört auch der Beitrag von K. Garber mit dem inhaltsschweren Titel , Der Untergang der alten Hamburger Stadtbibliothek im Zweiten Weltkrieg’. Es handelt sich darum, den früheren Besitz aus dem Bereich der Barockliteratur und an Hamburgensien zu beschreiben und damit die einstige Bedeutung der Bibliothek herauszustellen. Für die Zeit des 18. Jh. sei die deutsche Literatur in ihr in , einer Geschlossenheit versammelt’ gewesen wie sonst nur in Berlin und Göttingen. Zur Bibliotheksgeschichte zählt auch die Studie von H. Voigt, die sich mit dem Rücktritt von Gustav Wahl von der Leitung der Deutschen Bücherei in Leipzig (1916) und seiner späteren Berufung nach Hamburg (1918) beschäftigt, auch mit den vergeblichen Bemühungen, O. Wahl 1920 noch einmal nach Sachsen an die Spitze der Dresdner Landesbibliothek zurückzuholen.

Zum aktuellen Bibliothekswesen gehören die auf die Su UB Hamburg bezogenen Beiträge von Helmut Braun, dem Amtsvorgänger von H. Gronemeyer, über die alphabetischen Kataloge des Hauses und von H.-J. Steltzer über die Baugeschichte von 1946 bis 1989. Auch folgende Aufsätze beziehen sich auf Hamburg: , Bibliothek und Bibliothekare des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht’ (R. Lansky) und , Hamburgs Bücherhallen auf dem Weg zur Informationsbibliothek’ (H. Jochimsen). Für das Bibliothekswesen in Nordrhein-Westfalen von erheblichem Interesse sind die Ausführungen von U. Pflugk (Duisburg): , Zum Auswahlverfahren für die Ausbildung zum höheren Bibliotheksdienst in Nordrhein-Westfalen’. Bei rund 200 Bewerbungen im Halbjahr für 5 Ausbildungsstellen reichen formale, objektivierbare Kriterien (Studienfach, Examensnote) bei weitem nicht aus. Entscheidend sind die Vorstellungsgespräche (etwa 25), und denen haftet zwangsläufig ein subjektives Axiom an. So ist jede Bewerbung ein gewisses Lotteriespiel. Daß der Verfasser bei dieser Situation zu der Äußerung kommt, es habe sich , durchaus bewährt’, auf die Promotion als Laufbahnvoraussetzung zu verzichten, kann leicht so verstanden werden, als wäre diese für den bibliothekarischen Beruf hinderlich. Das könnte wohl auf das Ende seines wissenschaftlichen Charakters hinauslaufen.

Den Neigungen von H. Gronemeyer und seinem Einsatz als Herausgeber der Hamburger Klopstock-Ausgabe entsprechen die Beiträge über einen mehrwöchigen Besuch des späteren Eutiner Rektors J. H. Voß im Hause Klopstock im Jahre 1774 (A. Lüchow), über einen Besuch des auch Goethe bekannten, aber von ihm skeptisch beurteilten Frankfurter Kaufmanns und Schriftstellers J. I. Gerning von 1794 bei Klopstock (R. Schmidt) und über einen bisher nicht bekannten Brief Klopstocks an Auguste Luise Gräfin zu Stolberg aus dem Jahr 1779 (H. Riege). Der Hamburger Germanist K. H. Borck analysiert eine Äußerung Klopstocks zu seinem Drama , Hermanns Schlacht’ (1769) mit einer Strophe in einer dem Althochdeutschen nachempfundenen Sprache. Mit philologischer Akribie wird ausgeführt, daß für Klopstock das , Liber evangeliorum’ Otfrieds (um 870), und zwar nach der Ausgabe und dem Glossar von J. Schilter (1726), die wesentliche Quelle gewesen sein dürfte, auch wenn Klopstock sie , ganz unphilologisch’ behandelt hat. Unter dem Titel , Messias Latinitate donatus’ macht G. Bühring Anmerkungen zur Wortwahl Klopstocks in den Bruchstücken lateinischer Übersetzungen des , Messias’. Weitere Beiträge zur deutschen Literatur behandeln die Niederdeutsche Literatur in Literaturlexika (F. W. Michelsen), Hagedorn, La Fontaine und Boccaccios Falkennovelle (N. A. Furness), ein Urteil Goethes über den alten Bodmer (K. Hurlebusch), Anna Rebecca Claudius (H. Glagla), D. v. Liliencron (J. Royer), G. Heym (G. Martens), Th. Mann (E. Höpker-Herberg), H. H. Jahnn (St. Gradmann) und Th. Bernhard (H. Schütz). Besonders bemerkenswert ist ein Essay über Charlotte von Stein (G. Neumann).

Es bleiben die Varia, also die Aufsätze zu verschiedenen Themen. Sie beginnen mit einer Skizze zu Ottensen, dem Geburtsort von H. Gronemeyer (F. Hammer). Dann folgen Arbeiten über Rundfunkarchive (J.-F. Leonhard), über die Wattschiffahrt (J. Bracker), über Paracelsus (W. Walter), über Hexenglauben und Hexenfang in Nord-Togo (J. Zwernemann), über die Trauerfeier für H. v. Bülow in Hamburg 1894 (B. Stockmann), über Erfahrungen eines hohen Hamburger Beamten bei seinem Einsatz in Schwerin 1990-1992 (H. Liebrecht) und über die Hochschulreform (Hubert Braun).

Den Band beschließt die , Bibliographie Horst Gronemeyer’, dem auch zwei Farbstiftskizzen vor dem Text von A. Sandig gelten. Es ist noch einmal auf den Anfang dieser Besprechung und auf den Beitrag von H. Flitner , Lob der Festschrift’ zurückzukommen. Der Rezensent fühlt sich einerseits bereichert. Andererseits ist nicht zu verkennen, daß die Bewältigung so extrem unterschiedlicher Themen kein leichtes Unterfangen ist, und daß mancher Beitrag es schwer haben wird, seinen Leser zu finden. Das ändert aber nichts an der Tatsache einer hohen Ehrung für den Gefeierten und an der Auszeichnung für alte Mitarbeiter.

Gerhart Lohse, Aachen

aus: MB NRW 44, 1994, 3, Seite 363-364
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Table des matières

INHALT

Vorwort
Tabula gratulatoria

Armin Sandig
4facher Dank an Horst Gronemeyer und Bücherwurm speziell für Horst Gronemeyer

Friedrich Hammer
Mottenburg. Eine Spurensuche zur Geschichte von Ottensen

Hugbert Flitner
Lob der Festschrift

Reinhold Busch
Von der Unentbehrlichkeit des Büchernarren

Georg Ruppelt
Über Buchdrucker in gedruckten Büchern

Herwarth von Schade
‘. dienet also denen Gelehrten und Bücherfreunden.’
Prolegomena zu einer Hamburgischen Druck- und Verlagsgeschichte des 19. Jahrhunderts

Jürgen Christoph Gödan
Zur Bindung von Verlagen an Subskriptionspreise von Fortsetzungswerken

Klaus Peter Dencker
Mit der Elektronik zurück in die Zukunft? Über das Verschwinden der Künste in einer schönen neuen Medienwelt

Joachim-Felix Leonhard
Rundfunkarchive und ihre Bedeutung für die Bibliotheks- und Buchgeschichte

Klaus Alpers
Zur Überlieferungsgeschichte der Bibliotheca Historica des Diodoros von Sizilien

Nilüfer Krüger
Niederdeutsches Osterorationale aus Medingen. Eine unbekannte Handschrift in der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg Carl von Ossietzky

Ralf Busch
Aus der Frühzeit der ehemaligen herzoglichen Bibliothek zu Harburg

Jörgen Bracker
Die Bewertung von Risiken in der Überwattfahrt im Lichte schiffsrechtlicher Bestimmungen

Wolfgang Walter
Paracelsus als Vorläufer: Chemie und Naturwissenschaften

Friedrich Andrae
‘Parma ist ihm statt aller.’ Eines Altonaers bibelkritische Bibliotheksreise nach Italien 1780-1782

Jürgen Zwernemann
Hexenglaube und Hexenfang bei den Moba in Nord-Togo

Friedrich W. Michelsen
Niederdeutsche Literatur in deutschen Literaturlexika

Nicholas Arthur Furness
Hagedorn, La Fontaine und Boccaccios Falkennovelle

Karl Heinz Borck
Hexameter so zierlich nach Otfrids Klange

Gernot Bühring
Messias Latinitate donatus. Anmerkungen zur Wortwahl in den Bruchstücken lateinischer Übersetzungen des ‘Messias’

Annette Lüchow
Drei Wochen im Leben Klopstocks. Klopstock im Juni 1774 nach Briefen von Johann Heinrich Voß

Helmut Riege
Ein bisher nicht bekannter Brief Klopstocks an Auguste Stolberg aus dem Jahre 1779

Rainer Schmidt
‘Klopstock war u ist mir alleine diese Reise werth!’ Aus Johann Isaac Gernings Tagebuchnotizen über seinen Besuch in Hamburg im Jahre 1794

Klaus Hurlebusch
Der junge Goethe über den alten Bodmer. Ein Goethe-Fund aus der Quellenforschung für die Hamburger Klopstock-Ausgabe

Helmut Glagla
Ein Weihnachtsgeschenk für Anna Rebecca Claudius 1781. Über eine bisher unbekannte Quelle für das Denken des Wandsbecker Boten

Gerhard Neumann
Charlotte von Stein. Ein Leben als Schattenriß

Bernhard Stockmann
‘Ruht wohl, ihr teuren Gebeine.’
Die Trauerfeiern für Hans von Bülow

Jean Royer
Detlev von Liliencron in der Amtsstube

Gunter Martens
Stadt und Land in den späten Gedichten Georg Heyms

Elisabeth Höpker-Herberg
‘Merkwürdiges und Reizvolles’. Zwei Briefe von Thomas Mann, Schattentheater betreffend

Stefan Gradmann
Brackwasser. Zu Hans Henny Jahnns Roman Fluß ohne Ufer

Harald Schütz
Psittacus erithacus. Eine literaturkriminalistische Mutmaßung

Heinz Liebrecht
Ein Hamburger in Schwerin. 19901992

Hubert Braun
Wohin bewegt sich Deutschlands Hochschulwesen? Ein Bericht über die Hochschulreform: Probleme und Perspektiven

Ulrich Pflugk
Zum Auswahlverfahren für die Ausbildung zum höheren Bibliotheksdienst in Nordrhein-Westfalen

Ralph Lansky
Bibliothek und Bibliothekare des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht

Hanno Jochimsen
Hamburgs Bücherhallen auf dem Weg zur Informationsbibliothek

Hellmut Braun
Vom Stiefkind zum Liebling. Die alphabetischen Kataloge der Hamburger Bibliothek

Dietrich Roth
‘Als habe ich mein Testament zu machen.’ Christian Petersens
Jahresbericht der Stadtbibliothek Hamburg über das Jahr 1849

Otto-Ernst Krawehl
‘Sogenannte Pflichtexemplare’. Ein Beitrag zur Erwerbungstätigkeit Hamburger Bibliotheksdirektoren im 19. Jahrhundert

Hans-Dieter Loose
Konflikte um eine Ausstellung. Bibliothekarische Öffentlichkeitsarbeit in Hamburg vor 100 Jahren

Helmut Voigt
Leipzig – Hamburg – Dresden. Zum Rücktritt Gustav Wahls von der Leitung der Deutschen Bücherei Leipzig 1916 und zu seiner beabsichtigten Berufung an die Spitze der Sächsischen Landesbibliothek Dresden 1920

Klaus Garber
Der Untergang der alten Hamburger Stadtbibliothek im Zweiten Weltkrieg. Auf immer verlorene Barock- und Hamburgensien-Schätze nebst einer Rekonstruktion der Sammlungen Hamburger Gelegenheitsgedichte

Hans-Jürgen Steltzer
Die Baugeschichte der Hamburger Staats- und Universitätsbibliothek 1946 – 1989

BIBLIOGRAPHIE HORST GRONEMEYER 1963 – 1993
Zusammengestellt von Klaus Gottsleben
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Langue Allemand ● Format PDF ● Pages 910 ● ISBN 9783869456133 ● Taille du fichier 31.8 MB ● Éditeur Harald Weigel ● Maison d’édition Traugott Bautz ● Pays DE ● Publié 1993 ● Téléchargeable 24 mois ● Devise EUR ● ID 2658843 ● Protection contre la copie Adobe DRM
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