Der (vermeintliche) Gegensatz zwischen Natur und Kultur war bereits während der Aufklarung Gegenstand vielfacher Diskussion. Wie diametral diese Aspekte tatsachlich sind, ist jedoch fragwürdig.
Kultur lasst sich mit Hartmut Bohme als raumschaffende und raumsichernde Territorialisierung verstehen. Damit wird das Andere, die Natur, beiseitegeschafft bzw. ‘entwildert’. Wie fragil aber die menschengeschaffene Grenze zwischen Natur und Kultur ist, das machen Katastrophen immer wieder aufs Neue bewusst. Auch in der Schweiz, einem Land, das gerne zum Sinnbild verlässlicher Präzisionsablaufe und Schauplatz eines wohlgeordneten, prosperierenden Gemeinwesens stilisiert wird, lebten und leben die Menschen des Hochgebirges permanent mit Lawinenabgängen, mit Bergstürzen, mit Wassermassen, die aus der Höhe in Taler einbrechen. Die Beobachtung und Erkundung des Lebens mit solchen Naturbewegungen durchzieht die Literatur und Bildkunst, die deutlich macht, dass Katastrophen genuiner Teil jener Kultur sind, die sie bedrohen. schliff N°15 bildet den dritten Band der Themenreihe Elementarwelten und versammelt literarische, bildkünstlerische und literatur- bzw. kulturwissenschaftliche Beiträge zum Thema ‘Bergsturze’.
A propos de l’auteur
Kathrin Schuchmann ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für deutsche Sprache und Literatur I der Universität zu Köln. Sie wurde dort 2020 mit einer Studie über die literarische Ästhetik der Absenz bei Thomas Bernhard und Christoph Ransmayr promoviert.
Christof Hamann, geb. 1966; Professor für Neuere deutsche Literaturwissenschaft/Literaturdidaktik an der Universität zu Köln. Neuere
Veröffentlichungen: Verbrechen als »Bild der Zeit«. Kriminalitätsdiskurse der Weimarer Republik in Literatur, Film und Publizistik (hg. mit Susanne Düwell, 2021); Schatten aus den Felswänden. Eine Hommage an Norbert Scheuer und die Eifel (hg. mit Andreas Erb, 2021). Christof Hamann ist Mitherausgeber der Zeitschrift »die horen«.