Der Band setzt sich kritisch mit dem Leben im Neoliberalismus auseinander, das eine spezifische Form des prekären Daseins hervorbringt. Ziel der Autor*innen ist es, diese zeitgenössischen Erfahrungen von Prekarität zu schildern und nachzuvollziehen, um ihre Vielfalt denkbar und erfahrbar zu machen. Davon ausgehend wird eine Kultur der Inklusion entworfen, die einen Raum bietet, politische Ausdrucksformen gemeinsam im solidarischen und kritischen Austausch zu entwickeln.
‘Gemeinsam’ heißt dabei nicht identitär, homogen und repressiv: ‘gemeinsam’ heißt, eigenständig zu bleiben, sich auszutauschen und zu verbünden. Dafür ist eine Öffentlichkeit notwendig, die sich nicht als Stimme der Norm oder Mehrheit versteht, sondern die Bereitschaft kultiviert, zu repräsentieren und Repräsentation zu achten. Es bedarf einer Atmosphäre des Gehört-Werdens, um sprechen zu können. Diejenigen, die das Privileg haben, gehört zu werden, sind in der Pflicht, Aufmerksamkeit für andere Stimmen zu schaffen, wenn eine gerechtere Gesellschaft möglich sein soll. Das Buch reflektiert die Wechselwirkungen zwischen privater und öffentlicher Sphäre. Emotionalität begreift das Buch als einen Erfahrungsbereich, der sozial und kulturell gestaltet ist. Unsere emotionalen Zustände und die Bedingungen, in denen wir sie erleben, liefern dabei entscheidende Hinweise für eine Kultur der Inklusion.
Für diese Vorgänge der Artikulation und Repräsentation haben wir uns als Metapher den insbesondere in den USA von Rechten geschmähten Begriff der ‘Schneeflocke’ angeeignet. Die sogenannte Generation Snowflake wird in der Öffentlichkeit meist als weinerliche, selbstbezogene Peter-Pan-Fraktion dargestellt, die sich den Härten des Lebens verweigert. Nichts könnte weiter von der Realität entfernt sein. Die hier versammelten Texte des ‘Schneeflocken-Kollektivs’ zeigen, dass es gerade die unhinterfragten und niemals kritisch artikulierten Selbstverständlichkeiten des Lebens im Neoliberalismus sind, die einer solidarischen Politik im Wege stehen.
A propos de l’auteur
Timo Klattenhoff ist Produktentwickler und Philosoph. Er hat kultur- und sozialphilosophische Arbeiten herausgegeben, darunter 2016 Philosophie der Kultur- und Wissensformen bei Peter Lang, und wurde 2017 mit einer Arbeit über Ernst Cassirer und Georg Simmel an der Humboldt-Universität zu Berlin promoviert, die 2018 in erweiterter Fassung bei Königshausen & Neumann als Geld, eine symbolische Form erschienen ist. Sein derzeitiges Forschungsinteresse ist auf die Zusammenhänge zwischen Ökonomie, Kultur und Klima gerichtet. Gemeinsam mit Viola Nordsieck hat er 2017 den Band Symbol und Leben. Grundlinien einer Philosophie der Kultur und Gesellschaft bei Logos herausgegeben sowie 2018 an der Humboldt-Universität zu Berlin einen Workshop veranstaltet, auf dem der Band Kultur und Politik im prekären Leben. Solidarität unter Schneeflocken basiert.
Johanna Montanari, Autorin und Journalistin, hat als Redakteurin für die Wochenzeitung der Freitag gearbeitet. Beim Verlag edition assemblage hat sie den Essayband Wege zum Nein (2017) herausgegeben und den Essayband Nicht nur Mütter waren schwanger (2018) lektoriert und war an beiden Projekten auch als Autorin beteiligt. Sie schreibt für verschiedene Medien und forscht in ihrer Doktorarbeit in Europäischer Ethnologie zu transnationaler Öffentlichkeit in Amman, Jordanien.
Viola Nordsieck arbeitet als Lehrerin, freie Wissenschaftlerin und Autorin in Berlin. Ihre Dissertation in Philosophie erschien 2015 bei Karl Alber unter dem Titel Formen der Wirklichkeit und der Erfahrung. Sie war jahrelang Redakteurin beim transform Magazin, gibt Workshops und schreibt regelmäßig für die Jungle World, Missy Magazine, Cicero Online und andere Medien. Gemeinsam mit Timo Klattenhoff hat sie 2017 den Band Symbol und Leben. Grundlinien einer Philosophie der Kultur und Gesellschaft bei Logos herausgegeben sowie 2018 an der Humboldt-Universität zu Berlin einen Workshop veranstaltet, auf dem der Band Kultur und Politik im prekären Leben. Solidarität unter Schneeflocken basiert.