Speziell im politischen Raum wird oft gefordert, jemand solle für ein bestimmtes Ereignis die Verantwortung tragen, in anderen Fällen beeilen sich radikale Gruppen, für Terrorakte die Verantwortung zu übernehmen, ohne dass klar wäre, welche Konsequenzen damit verbunden sind. Dies liegt nicht zuletzt an der Vieldeutigkeit und den unscharfen Konturen des Verantwortungsbegriffs selbst.
Im Recht impliziert Verantwortung im Allgemeinen die Verpflichtung zur Gefahrenvorsorge im weitesten Sinne sowie bei der Verletzung dieser Pflicht Schadensersatz oder Strafe. Dieser Band soll den Blick erweitern. Gegenstand sind zum einen die Differenzen – oder auch Gemeinsamkeiten – des Begriffs der Zurechnung als rechtlicher und des Begriffs der Verantwortung als moralischer oder politischer Kategorie und deren Verankerung in faktischen sozialen Strukturen wie z.B. dem Verhältnis der Geschlechter. Ferner bietet der interdisziplinäre Dialog mit der Rechtsethnologie die Chance, sich unterschiedlichen, dabei gleichzeitig Geltung beanspruchenden Praktiken und Sichtweisen von Zurechnung und Verantwortung zu widmen.
A propos de l’auteur
Joachim Renzikowski, geb. 1961, ist seit 1998 Professor für Strafrecht und Rechtsphilosophie/Rechtstheorie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Erlangen promovierte und habilitierte er an der Universität Tübingen.
Seine Forschungsschwerpunkte sind Normentheorie, Sexualstrafrecht und Menschenrechte.