Im Jahre 1895 übernahm Heinrich Mann die Redaktion für die in Berlin erscheinende Zeitschrift ›Das Zwanzigste Jahrhundert‹. Schon bald darauf konnte er seinen Bruder Thomas als freien Mitarbeiter für das Blatt gewinnen. Aufgrund der nationalistischen und antisemitischen Tendenz der Zeitschrift gilt das Engagement der Brüder als umstritten. Keiner ihrer Texte wurde zu Lebzeiten wieder veröffentlicht, die Mitarbeit an der Zeitschrift lebenslang verschwiegen.
Thomas Manns Besprechung von Adolf Ferdinand Dörlers Sammlung ›Sagen aus Innsbrucks Umgebung mit besonderer Berücksichtigung des Zillerthales‹ wurde vermutlich Anfang Mai 1896 verfasst. Dabei bleibt Mann nah an den Formulierungen Dörlers, erzählt teilweise nach und paraphrasiert den Verfasser dabei fast wörtlich. Mit vergleichsweise großer Ausführlichkeit widmet sich Mann erstmals in diesem Text der Welt der Sage und des Mythos – einschließlich einer »Wasserfrau«, venezianischen Schauergeschichten und Teufelserscheinungen: Der wohl aus Webers ›Freischütz‹ übernommene Teufelsname »Samiel« findet hier erstmals bei Mann Erwähnung und taucht auch später beim ›Doktor Faustus‹ wieder auf.
A propos de l’auteur
Thomas Mann, 1875–1955, zählt zu den bedeutendsten Schriftstellern des 20. Jahrhunderts. Mit ihm erreichte der moderne deutsche Roman den Anschluss an die Weltliteratur. Manns vielschichtiges Werk hat eine weltweit kaum zu übertreffende positive Resonanz gefunden. Ab 1933 lebte er im Exil, zuerst in der Schweiz, dann in den USA. Erst 1952 kehrte Mann nach Europa zurück, wo er 1955 in Zürich verstarb.