Friedrich Kittler (1943-2011) war einer der umstrittensten deutschen Theoretiker des 20. und beginnenden 21. Jahrhunderts. Im Kern seiner Theorie, wo Diskursanalyse, Medienwissenschaft, Musik- und Mathematikgeschichte zusammenfließen, steckt eine technisch fundierte Seinsgeschichte, die kühl berechnet, was es mit dem ‘Menschen’ und der ‘Gesellschaft’ auf sich hat angesichts jener ‘Aufschreibesysteme’ und Verschaltungen, die diese Rede erst ermöglichen. So radikal sich Kittlers Texte ausnehmen, repräsentativ sind sie sowohl für den Umbau der Geisteswissenschaften wie für eine generationsspezifische Nostalgie nach einer Kulturrevolution aus Rausch und Regelanalyse. Und so technologisch informiert sie auch sind, mit ihren Anschlüssen an Hegel und Heidegger, an Nietzsche und die Vorsokratiker erweisen sie sich als durchaus traditionsbewusst.
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Geoffrey Winthrop-Young ist Professor für German and European Studies an der University of British Columbia in Vancouver, Kanada.