Württemberg war ein Musterbeispiel von Reformpolitik zwischen Französischer Revolution und Wiener Kongress – kein Sonderfall. Seit dem Landtag der Jahre 1797 bis 1799 entbrannten heftige Debatten um die Umgestaltung des württembergischen Staates. Weit über die massiven Gebietszuwächse der napoleonischen Zeit und die damit verbundenen Integrationsmaßnahmen hinaus hielten solche Debatten und wechselvolle politische Auseinandersetzungen an, in denen sich Reformer und Traditionalisten nur scheinbar gegenüberstanden. Homogen, gar festgefügt waren weder Loyalitäten noch politische Ideen, weder bei den erst herzoglichen, dann königlichen Beamten noch bei den zwischen 1806 und 1815 suspendierten Ständen. Der langwierige Verfassungsstreit der Jahre 1815 bis 1819, Teil der Frühgeschichte des deutschen Konstitutionalismus, betraf auch und gerade das Pathos der Modernisierer: Ständevertreter, die eine Restitution des Ancien Régime befürworteten, konnten sich ebenso wenig durchsetzen wie radikale Verfechter einer Herrschaft von Spezialisten, zu denen etwa Friedrich List gehörte – unter Moderation der ersten beiden württembergischen Könige, die sich Forderungen nach Expertokratie ebenso zunutze zu machen verstanden wie ehrgeizige Beamte und solche, die ihre Interessen längst nicht mehr bei der Landschaft gewahrt sahen. Überhaupt trieb das theoretische Pathos der Reformer die praktischen Reformen zwar vor sich her, passte seinen Anspruch aber einer Wirklichkeit voller tagtäglicher administrativer Unwägbarkeiten an.
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PD Dr. Georg Eckert lehrt Neuere Geschichte an der Bergischen Universität Wuppertal.