Der vorliegende Band thematisiert die oftmals unterschätzte Geschichte der Landmedien im 20. Jahrhundert in verschiedenen europäischen Kontexten. Das Spektrum der in diesem Band untersuchten Einzelmedien reicht von der Fotografie über Postkarten und Fahrradkarten bis zum Kino und Fernsehen.
Es wird der im 20. Jahrhundert wachsenden und überraschend starken Präsenz von Medien auf dem Land nachgegangen und gezeigt, dass ländliche Kommunikationsweisen stark medialisiert waren, sich indes wichtige Charakteristika ländlicher Soziabilität behaupteten. In hohem Maße wurden und werden Bilder von Ländlichkeit durch öffentliche und private Medien erstellt und weiterverbreitet, auch in die ländlichen Gesellschaften hinein. Romantisierend-idealisierende Aspekte, Nostalgie, Idylle, Utopie und immer noch dichotomisch angelegte Vorstellungen von Stadt und Land kennzeichnen eine solche medial hergestellte Ruralität.
Medialität und Ruralität, so die Gesamtthese dieses Bandes, erweisen sich als zentrale Kategorien ländlicher Gesellschaftsanalyse. Dabei wird deutlich, dass sich im Zusammenhang ländlicher Gesellschaften und Publika aktive Aneignungsprozesse vollzogen und vollziehen. Die Kommunikations- und Medienanalyse sollte folglich, wie das hier geschieht, nicht allein von den jeweiligen Produkten ausgehen, sondern soziale Praktiken einbeziehen.
विषयसूची
Einleitung
Clemens Zimmermann/Gunter Mahlerwein/Aline Maldener
Landmedien und mediale Bilder von Ländlichkeit im 20. Jahrhundert . Kino, Publika und dörfliche Kommunikation
Judith Thissen
Kinogeschäft und Filmbesuch auf dem Land. Ein transnationaler Vergleich
Lina Kaminskaitė-Jančorienė
Moving Pictures for Peasants. The Kinofikatsia of Rural Lithuania in the Stalinist Era (1944–1953)
Clemens Zimmermann
Landkino im Saarland
Katharina Thielen
Kommunikation im Dorf. Transformationsprozesse vom ausgehenden 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart
Landmedien und ihre ‘agency’: Demokratisierungs- und Politisierungspotentiale
Manuel Trummer
Making Bavaria. Zur medialen Governance des Ländlichen am Beispiel des BR Fernsehens
Ulrich Schwarz-Gräber
Schriftverkehr zwischen ‘Landvolk’ und ‘Führung’. Ansätze einer Medien- und Kommunikationsgeschichte des NS-Regimes im Kontext ländlicher Gesellschaft
Vitus Sproten
‘Widerspruchsvolles Durch- und Gegeneinander’. Mediengeschichte in ländlichen Zwischenräumen – das Beispiel Eupen-Malmedy (1920–1940)
Mediale Imaginationen und Konstruktionen ländlicher Räume und Milieus
Selina Hangartner
‘Tonfilmbegabt und von Bergen umsäumt’. Zur Darstellung und Rezeption von Ländlichem in ‘Der unsterbliche Lump’ (1930)
Rolf Sachsse
Erkundungen auf dem Land. Marie Goslich als Bildjournalistin am Rande der Großstadt
Tristan Thielmann/Carmen Schulz/Michael Lommel
Das Fahrrad: Ein Medium der Landerschließung
Christian Hißnauer
Das Idyll als Wiedergutmachung? Kritik und Verklärung der Provinz im bundesdeutschen Fernsehdokumentarismus der 1960er bis 1970er Jahre und die rurbane Landlust aktueller Produktionen
Résumé und Ausblick
Aline Maldener
Perspektiven und Potentiale historischer Landmedienforschung
Forum
Gunter Mahlerwein
Wie Woodstock aufs Land kam. Medienpraktiken einer ländlichen Jugendkultur der siebziger Jahre
Jessica Richter
Das österreichische Inlandarbeiterschutzgesetz von 1925 und die Landarbeiter Innen. Zur Organisation des nationalisierten Arbeitsmarkts
लेखक के बारे में
Clemens Zimmermann ist Inhaber der Professur für Kultur- und Mediengeschichte an der Universität des Saarlandes. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der Sozial- und Kulturgeschichte von Stadt und Land, in der Geschichte von Staatspraxis und Sozial- und Kulturpolitik sowie bei der individuellen, gruppenspezifischen und wissenschaftlichen Wahrnehmung neuer Technologien und Medien.
Gunter Mahlerwein ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Kultur- und Mediengeschichte der Universität des Saarlandes. Aktuelles Forschungsprojekt: Von der Stadt aufs Land? Aneignungsstrategien und Wahrnehmungsprozesse im sozialen und kulturellen Wandel der ländlichen Gesellschaft zwischen 1950 und 1980.
Aline Maldener ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Kultur- und Mediengeschichte der Universität des Saarlandes und forscht u.a. zur Transnationalität populärer Jugendkultur.