Kollektive Gewalt ist Gewalt im Wir-Modus. Thema dieses Bandes sind solche Phänomene kollektiver Gewalt, die sich spontan und ungeplant ereignen. Die Frage lautet, wie ‘ganz normale’ Männer und auch Frauen in Gruppen und Menschenmengen dazu kommen, gemeinsam Gewalt auszuüben, die sie zuvor als illegitim und unvereinbar mit ihrem Selbstverständnis wahrgenommen haben.
Diese Prozesse zu untersuchen, haben sich Gewaltforscher/innen aus Soziologie, Geschichte, Ethnologie, Psychologie und Philosophie zur Aufgabe gemacht. Sie ergründen, in welcher Weise kollektive Erlebnisse Gewaltverläufe initiieren, welche gruppenbedingten Erfahrungen Gewalt zu einer selbstverständlichen oder gar ‘attraktiven’ Handlungsoption machen, ob es typische (Verlaufs-)Formen von nicht organisierter Gewalt gibt und wie sich kollektive Gewaltroutinen einspielen. Das Spektrum der behandelten Phänomene reicht dabei von unblutigen Tumulten in einem Theater über Protestgewalt, Lynchmobs und Kriegsgräuel bis hin zu der Entstehung von Volksmilizen und der Radikalisierung von Untergrundorganisationen.
In einer Welt, in der Gewalt in weiten Teilen zwar grundsätzlich verurteilt wird, sie aber gleichzeitig omnipräsent zu sein scheint, bietet der vorliegende multi-perspektivische Ansatz unter Einbeziehung sowohl der Ursachen als auch der Phänomenologie unterschiedlichster Gewaltereignisse einen Erklärungsansatz wie auch aktuelle Orientierung.
Daftar Isi
Axel T. Paul | Benjamin Schwalb
Vorwort
Axel T. Paul
Masse und Gewalt
I EMERGENZ
Jack Katz
Epiphanie der Unsichtbarkeit
Wendepunkte bei Unruhen: Los Angeles 1992
Paul Dumouchel
Massengewalt und konstitutive Gewalt
Richard K. Moule Jr. | Scott H. Decker | David C. Pyrooz
Kollektive Gewalt, Gangs und das Internet
Thomas Klatetzki
‘Hang ‘em high’
Der Lynchmob als temporäre Organisation
II DYNAMIK
Stephen Reicher
‘Tanz in den Flammen’
Das Handeln der Menge und der Quell ihrer Freude
Randall Collins
Vorwärtspaniken und die Dynamik von Massengewalt
Ferdinand Sutterlüty
Kollektive Gewalt und urbane Riots
Was erklärt die Situation?
Paul Richards
Der Aufstand als Performance
Ein anthropologischer Blick auf die Premiere von Le Sacre du printemps
III INSTITUTIONALISIERUNGEN
Anthony King
Der Massenangriff
Infanterietaktiken im 20. Jahrhundert
Felix Schnell
Von dörflicher Selbsthilfe zur paramilitärischen Miliz
Spontane Vergemeinschaftung durch Gewalt im Russischen Bürgerkrieg (1918)
Bernd Greiner
Der ‘überflüssige Soldat’
Zur Genese und Praxis militärischer Gewaltgruppen am Beispiel des amerikanischen Krieges in Vietnam
Donatella della Porta
Klandestine politische Gewalt
Benjamin Schwalb | Axel T. Paul
Nicht-organisierte kollektive Gewalt
Autoreninformationen
Tentang Penulis
Axel T. Paul, Prof. Dr., seit 2012 Ordinarius für Allgemeine Soziologie an der Universität Basel, 2009-2012 Professor für Allgemeine Soziologie an der Universität Siegen, 2003 Habilitation an der Universität Freiburg/Br., 2000 Forschungsaufenthalt am Department of Sociology der University of Chicago. Wissenschaftlicher Beirat der Zeitschrift Leviathan, Mitherausgeber der Zeitschrift Saeculum.
Benjamin Schwalb, zurzeit Doktorand im Fachbereich Soziologie, wissenschaftlicher Assistent bei Prof. Dr. Axel T. Paul an der Universität Basel. Studium der Soziologie, Psychologie und der Kognitionswissenschaft in Freiburg, Basel und Arizona (Tucson, USA).