Die Notwendigkeit interkultureller Philosophie ergibt sich aus dem Ruf nach Befreiung von der bisherigen Geschichts- und Philosophieschreibung, die zentristisch geprägt ist. Ein interkulturell orientiertes Geschichtsverständnis erkennt aufgesetzte Grenzen zwischen den Menschen nicht an und läßt keinen Zweifel daran, daß eine rein kulturgebundene Geschichtsschreibung der interkulturellen Verständigung im Wege steht und als Zündstoff unversöhnlicher Konflikte dient. Geschichte ist keine apriorisch gegebene Größe. Sie ist offen, wird von Menschen gedacht, konzipiert und geschrieben; sie zeigt irrationale Projektionen auf.
Im Geist des Menschen muß ein Umdenken über das Eigene und Fremde in Gang gesetzt werden. Es handelt sich um die Annäherung an einen Paradigmenwechsel und eine Perspektivenerweiterung des Einzelnen auf intra- und interkultureller Ebene. Daß die Historiographie, nicht nur der Philosophie, sondern aller Kulturwissenschaften, ja sogar der Naturwissenschaften, aus einem neuen Blickwinkel heraus, der die Anerkennung des Anderen beinhaltet, kritisch zu revidieren ist, ergibt sich von selbst als Konsequenz.
Die Anerkennung der Gedankenwelt anderer Kulturen ist konstitutiv für den Frieden. Diese Forderung ist allen interkulturell-philosophischen Ansätzen gemeinsam, auch wenn diese sich im Detail und in ihrem Forschungsbereich unterscheiden. Interkulturalität besitzt eine theoretische und eine praktische Ausrichtung. Sie erfordert die Klärung von Begriffen wie ›Wahrheit‹ ›Absolutheit‹, ›Anerkennung‹, ›Identität‹, ›Differenz‹, ›Überlappung‹, ›Toleranz-Dialog‹, ›Hermeneutik‹ und vielen anderen Begrifflichkeiten. Interkulturelle Philosophie steht dem Mythos der Einheitlichkeit ablehnend gegenüber und distanziert sich von einem Absolutheitsanspruch.
Es ist ein Hauptanliegen der Autoren, Aufgaben, Methoden und Intentionen interkultureller Philosophie in einem historischen Zusammenhang darzustellen und zu erläutern.
Tentang Penulis
Ram Adhar Mall, geboren 1937, ist Professor für Philosophie und
lehrt interkulturelle Philosophie und Religionswissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Mall ist einer der Hauptinitiatoren der interkulturellen Philosophie weltweit und Gründungspräsident der internationalen Gesellschaft für interkulturelle Philosophie e. V., die seit 1991 besteht.
Hamid Reza Yousefi, geboren 1967, ist Doktor der Philosophie an der Universität Trier. Seine Forschungsbereiche sind interkulturelle Philosophie, Angewandte Religionswissenschaft und diskurshistorische Toleranzforschung. Insbesondere interessiert ihn Gustav Menschings Toleranzkonzeption.