Einige Gedichte von Klaus-Dieter Schönewerk sind verstreut in Anthologien, die meisten blieben bis heute ungedruckt. Der Dichter las, wenn man ihn vorzulesen bat. Im Zentrum seiner Poetik stand der Paul Wiens zugeschriebene Satz: Gedichte entstehen aus der Untröstlichkeit. Schönewerk wusste um den dunklen Ton in sich, der von Anfang an da war. Er haftete sich den Dingen an, die er immer wieder beschrieb: Nacht, Gras, Wind, Straße. Natur und Gesellschaftlichkeit durchdringen einander bei ihm nicht in vordergründigen Metaphern, aber eines ist immer im anderen präsent. Dazwischen der Mensch in seiner Kreatürlichkeit und in seiner Sehnsucht nach Nähe.
Nicht nur dem Ungesagten, auch dem Unsagbaren eine Stimme leihen, das war Dichtung für ihn: der Schmerzlaut, die Klage über eine unüberwindliche Distanz. Klaus-Dieter Schönewerk war aufgewachsen als jemand, der Erwartungen erfüllen wollte. „Forscht, bis ihr wisst“, hatte Brecht geraten, und der lyrische Übervater Johanns R. Becher, dessen Ehefrau Lilly den jungen Autor ermutigte, mahnte: „Die Macht ist euch gegeben, dass ihr sie nie, nie mehr aus euren Händen gebt.“ Wer die Welt verändern will, muss sich verbünden. Dem Primus fiel das leicht. Er führte das große Wort, respektlos, aber verlässlich, wurde – kaum erwachsen – Klubhausleiter, studierte Germanistik und Kunstgeschichte und leitete schon Arbeitsgemeinschaften schreibender Arbeiter und Studenten, gab Anthologien heraus, machte sich in der Presse bemerkbar und wurde Anfang der siebziger Jahre einer der jüngsten Redakteure beim Neuen Deutschland in Berlin. Er war erfolgreich als Journalist, als Leiter des vielfach ausgezeichneten Zirkels schreibender Arbeiter, als Verteidiger des Ästhetischen in Kunst und Literatur gegen die Zumutungen der Ideologie. Gleichzeitig sind die Signale der Entfremdung, des Zweifels, des Ausweichens in dieser Zeit unüberhörbar. Wenn er über Fritz Cremers Gekreuzigten schrieb: „Wer, wie er, so nackt ist, wird sich kleiden“, war ein gesellschaftliches Jahrtausendprogramm skizziert, dass die sozialistische Provinz nicht wärmte, sondern frösteln machte… Dennoch war ihre Niederlage auch die seine. Dass er in seinen späten Versen ganz bei sich ankam, bei einem lakonisch-elegischen Ton, der die nunmehr real-existierende Karikatur einer Gesellschaft des Gedichtes verweist, zeichnet den Dichter Klaus-Dieter Schönewerk aus. Mit den vorliegenden mehr als 180 Gedichten findet er als Lyriker endlich den verdienten Weg in die Öffentlichkeit.
Tentang Penulis
Klaus-Dieter Schönewerk wurde am 14. Februar 1942 in Greußen (Thüringen) geboren. Seine Mutter war Schrankenwärterin. Sein Vater starb als Soldat der Wehrmacht in Stalingrad. Nach dem Abitur arbeitete Klaus-Dieter Schönewerk als Redaktionsassistent bei der Zeitung ‘Das Volk“ in Mühlhausen und als Leiter des Kulturhauses Greußen. Von 1962 bis 1967 studierte er an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena Germanistik und Kunstgeschichte. 1970 heiratete er Eva Camilla Obst. Von 1967 bis 1992 war Klaus-Dieter Schönewerk Mitarbeiter der Kulturredaktion der Zeitung Neues Deutschland und dort zuständig für Bildende Kunst, später für Literatur – insbesondere DDR-Literatur – sowie Essayistik. Danach wechselten Arbeitslosigkeit und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. So leitete Klaus-Dieter Schönewerk unter anderem die Kiez-Zeitung Mittendrin im Prenzlauer Berg in Berlin. Gemeinsam mit seiner Frau gründete er 1972 den Zirkel Schreibender Arbeiter der Druckerei und des Verlags Neues Deutschland – heute Friedrichshainer Autorenkreis – den er bis zu seinem Tod leitete. Für seine Verdienste in der Literaturförderung wurde er unter anderem mit dem Kunstpreis des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes ausgezeichnet. Seit seiner Jugend veröffentlichte Klaus-Dieter Schönewerk vereinzelt Gedichte in Zeitungen, Zeitschriften und Anthologien, darunter in der „neuen deutschen literatur“. Mit „Museum für Wunder“ liegt erstmals eine Werkausgabe seines lyrischen Schaffens vor. Schönewerk starb am 6. März 2014.