Das Alte Testament erzählt von Gründungsmythen, die das anfängliche Chaos bändigen, Recht und Ordnung schaffen und somit den Menschen und die ihn umgebende Welt verändern. Thomas Mann erzählt diese Mythen neu, spart hierbei jedoch Gott als Handelnden aus und legt den Kern dieser Ordnung frei: Gewalt. Was sind die Bedingungen von Ordnung, Recht und Gesetz? Wie entsteht aus dem Chaos, aus dem anfänglichen biblischen Tohuwabohu eine geordnete Welt, in der der Mensch seinen Platz als Individuum im Angesicht Gottes behauptet? Und was ist der Preis, der hierfür zu zahlen ist? Diese Fragen stellt Thomas Mann in seinem ›alttestamentarischen Werk‹, dem vierbändigen Josephroman (1926-1943) und der Erzählung »Das Gesetz« (1943). In dieser Arbeit, die beide Werke erstmals unter einer gemeinsamen Fragestellung betrachtet, werden Schlüsselszenen einem close reading unterzogen, die biblische Gründungsmythen (u.a. Kain und Abel, Exodus, die Zehn Gebote) neu erzählen, die Sinn und Ordnung in das Chaos bringen, dies jedoch stets vor dem Hintergrund zum Teil drastischer Gewaltakte. Indem hierbei ausnahmslos der Mensch und nicht Gott als Handelnder auftritt, wird gleichzeitig eine alternative Lesart des Alten Testaments präsentiert.
Tentang Penulis
Miriam Albracht studierte Germanistik und Politikwissenschaft an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Seit 2009 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Germanistik dort. Promotion zum Dr. phil. 2014.