Am 12. Dezember 1979 beschloss die NATO, ihr Arsenal nuklearer Mittelstreckenwaffen als Gegengewicht zu neuen sowjetischen SS-20-Raketen zu modernisieren, falls Rüstungskontrollverhandlungen mit der Ud SSR erfolglos bleiben würden. Neben dem sowjetischen Einmarsch in Afghanistan markierte der NATO-Doppelbeschluss die Wende von der Entspannungsära hin zur verschärften Ost-West-Konfrontation. Im Westen mobilisierte die ‘Nachrüstung’ gesellschaftlichen Protest unbekannten Ausmaßes mit Menschenketten, Sitzblockaden und Großdemonstrationen. Auch jenseits des ‘Eisernen Vorhangs’ bewegte das Friedensthema zahllose Menschen. Die Studie analysiert diesen Wendepunkt des Kalten Krieges im deutsch-deutschen, europäischen und transatlantischen Kontext auf diplomatie- und gesellschaftsgeschichtlicher Ebene. Wie kam es zu der Entscheidung, die zunächst einen Klimasturz im Ost-West-Verhältnis nach sich zog? Welche langfristigen gesellschaftlichen Folgen hatte die Konfrontation zwischen politischem ‘Establishment’ und Friedensbewegung? Wurde mit dem Doppelbeschluss sogar paradoxer Weise der Grundstein zur Überwindung des Kalten Krieges gelegt?
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Philipp Gassert, Tim Geiger, Hermann Wentker Zweiter Kalter Krieg und Friedensbewegung: Einleitende Überlegungen zum historischen Ort des NATO-Doppelbeschlusses von 1979 I. Die Supermächte: Politische Entscheidungen und Reaktionen Michael Ploetz Erosion der Abschreckung? Die Krise der amerikanischen Militärstrategie am Vorabend des NATO-Doppelbeschlusses Gerhard Wettig Sowjetische Euroraketenrüstung und Auseinandersetzung mit den Reaktionen des Westens. Motivationen und Entscheidungen Klaus Schwabe Verhandlung und Stationierung: Die USA und die Implementierung des NATO-Doppelbeschlusses 1981-1987 II. Die Außenpolitik der beiden deutschen Staaten Tim Geiger Die Regierung Schmidt-Genscher und der NATO-Doppelbeschluss Andreas Rödder Bündnissolidarität und Rüstungskontrollpolitik. Die Regierung Kohl-Genscher, der NATO-Doppelbeschluss und die Innenseite der Aussenpolitik Hermann Wentker Zwischen Unterstützung und Ablehnung der sowjetischen Linie: Die DDR, der NATO-Doppelbeschluss und die Nachrüstung III. Die gesellschaftlichen Folgen in Deutschland Anja Hanisch Zwischen Militarisierung und abnehmender Systemloyalität. Die ostdeutsche Gesellschaft an der Wende zu den 1980er Jahren Philipp Gassert Viel Lärm um Nichts? Der NATO-Doppelbeschluss als Katalysator gesellschaftlicher Selbstverständigung in der Bundesrepublik Friedhelm Boll und Jan Hansen Doppelbeschluss und Nachrüstung als innerparteiliches Problem der SPD Saskia Richter Der Protest gegen den NATO-Doppelbeschluss und die Konsolidierung der Partei Die Grünen zwischen 1979 und 1983 IV. Der NATO-Doppelbeschluss und die Friedensbewegung Helge Heidemeyer NATO-Doppelbeschluss, westdeutsche Friedensbewegung und der Einfluß der DDR Detlef Pollack Zwischen Ost und West, zwischen Staat und Kirche: Die Friedensgruppen in der DDR Wilfried Mausbach Vereint marschieren, getrennt schlagen? Die amerikanische Friedensbewegung und der Widerstand gegen den NATO-Doppelbeschluss V. Doppelbeschluss und Nachrüstung in der NATO Beatrice Heuser und Kristan Stoddart Großbritannien zwischen Doppelbeschluss und Anti-Kernwaffen-Protestbewegungen Leopoldo Nuti Die Nukleardebatte in der italienischen Politik der späten 1970er und frühen 1980er Jahre Coreline Boot und Beatrice de Graaf ‘Hollanditis’ oder die Niederlande als ‘schwaches Glied in der NATO-Kette’? Niederländische Proteste gegen den NATO-Doppelbeschluss 1979-1985 Georges-Henri Soutou Mitläufer der Allianz? Frankreich und der NATO-Doppelbeschluss