Im Archiv des Museums war, nach dem Staub und der muffigen Luft zu urteilen, seit Jahren niemand mehr gewesen. Hinter alten, verstaubten Büchern fand ich ein merkwürdiges, dunkles Paket, das mit einer goldenen Schnur zusammengeschnürt war. Neugierig löste ich die Kordel und hielt einen schlichten, schwarzen oder braunen Umhang in meinen Händen. In dem dämmrigen Licht des Archivs ließ sich die Farbe nicht einwandfrei feststellen. Ich schüttelte den Staub ab und erschrak fürchterlich. Da bewegte sich etwas. Aber nur ein paar Motten flogen auf. Unwiderstehlich wurde ich von dem Wunsch ergriffen, dieses merkwürdige Teil umzulegen. Ich zog es an. Neben den Bücherregalen im Archiv hing ein wunderschöner Barockspiegel. Ich wollte mich im Spiegel ansehen. Was sah ich? Nichts, oder doch? Im Spiegel erblickte ich einen Teil meines rechten Armes. Beim Hinuntergucken erkannte ich, dass das Cape meinen rechten Arm nicht ganz bedeckte, er schaute unter dem Umhang hervor. Also zupfte ich an dem Cape. Nun bedeckte es mich ganz. . Der Spiegel war leer, es gab kein Spiegelbild von mir.
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About the author
Inga Kess lebt jetzt in Baden-Württemberg. Sie hat ihre Liebe zu Schreibwettbewerben entdeckt und Geschichten unterschiedlicher Genres in Anthologien und ein Buch mit Pferdegeschichten für Erwachsene veröffentlicht.