Der Westen protzt. Der Westen stellt sich in Frage. Einerseits EU-Schulterschluss im Angesicht des Ukrainekrieges. Selbstzweifel, Selbstkritik und Selbstdementierung auf der anderen Seite. Zur europäisch-nordamerikanisch-westlichen Praxis gehört eben nicht nur die Erfindung der Demokratie und der Menschenrechte, nicht nur die Idee der Gleichheit der Menschen und die Idee pluralistischer Ordnungen, der Gewaltenteilung und des vernünftigen Interessenausgleichs, sondern auch seine radikale Dementierung. Kolonialismus, Faschismus und Nationalsozialismus, Imperialismus und Rassismus sind ohne Zweifel keine nicht-westlichen, keine nicht-modernen Erscheinungen. Sie gehören konstitutiv zur westlichen Moderne dazu. Das Kursbuch 211 stellt sich dieser Ambivalenz auf vielfältigste Weise. Sibylle Anderl beschäftigt sich in ihrem Beitrag mit dem Entdeckergeist, vor allem mit dem extraterrestrischen. Nachdem die Renaissance und die Aufklärung das erste und das zweite Entdeckerzeitalter gewesen seien, sei nun die planetarische Exploration die dritte. Sibylle Anderl erzählt, wie es der Wettlauf zwischen der sowjetischen und der US-amerikanischen Seite war, der in den 1950er- und 1960er-Jahren in den Orbit und auf den Mond führte und als Wettrennen Motive freigesetzt hat, die es ohne nicht gegeben hätte.
Circa l’autore
SIBYLLE ANDERL (*1981), ist Astrophysikerin und Redakteurin im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Zuletzt erschien ‘Das Universum und ich. Die Philosophie der Astrophysik.’