Die Brüder Kouachi, die in der Redaktion von Charlie Hebdo zwölf Menschen töteten, waren keine von weither eingeflogenen Glaubenskrieger, sondern kamen aus dem 10. Arrondissement. Was trieb sie, die einer säkular geprägten Familie entstammten, zum Äußersten? Anders als jene islamophoben Verschwörungstheorien, die uns in der trügerischen Gewißheit wiegen wollen, der Feind komme von außen, hält Farhad Khosrokhavar auf diese komplexen Fragen keine einfache Antworten bereit:Wie entstehen gewaltbereite Gruppierungen? Worin besteht die Anziehungskraft radikaler Ideologien? Wie sieht das Persönlichkeitsprofil derer aus, die dem neuen Terrorismus in die Arme laufen? Wie kann man die Rückkehr des Religiösen in einer gewalttätigen Form, in der das letzte Ziel der Tod ist – sei es der dem Feind zugefügte, sei es der, durch den der Märtyrerstatus erlangt wird – erklären? Was ist Bedeutung und Tragweite dieser Art von Radikalisierung, ein zumindest aus westlicher Sicht seltsam anmutendes Phänomen? Ist das ein Kampf um Werte, die seit der Aufklärung längst überwunden schienen? Farhad Khosrokhavar analysiert die djihadistische Radikalisierung in Europa und in der arabischen Welt mit Bezugnahme auf die jüngsten Attentate.
Circa l’autore
Farhad Khosrokhavar, französisch-iranischer Soziologe, ist Studienleiter an der EHESS und Forscher am Zentrum für soziologische Analyse und Lehre. Seine Forschung konzentriert sich auf die Soziologie des modernen Iran, die sozialen und anthropologischen Probleme des Islam in Frankreich, sowie die Philosophie der Sozialwissenschaften.