Lange Zeit wurde der Blick auf Hegels frühe Schriften durch Hermann Nohls Edition von »Hegels theologischen Jugendschriften« bestimmt. Jaeschke zeigt jedoch, dass Nohl Hegels Fragmente nicht nur chronologisch falsch anordnete, sondern auch die Existenz eines »theologischen« Jugendwerkes suggerierte, wo es sich in Wirklichkeit um eine lange Reihe von Entwürfen zu den Themen Judentum, Christentum, Religion, Liebe und Moral handelt: Bausteine zu einer neuen, am Ende der Aufklärung gänzlich unbekannten philosophischen Behandlung der Religion.
Hinzu kommen Schriften zu politischen Fragen, wie Hegels erste Flugschrift über die Verfassung Württembergs, Bemerkungen über Schillers »Wallenstein« sowie seine Übersetzung von J. J. Carts »Vertraulichen Briefen über das vormalige staatsrechtliche Verhältnis des Waadtlands zur Stadt Bern«, die Hegels politisch-historisches Interesse bezeugt. Hegels Frankfurter Jahre sind von einem breiten Erkenntnisinteresse geprägt, das keineswegs auf religionsphilosophische Fragen beschränkt bleibt.
Circa l’autore
Walter Jaeschke (geboren 1945, gestorben 2022) war Professor für Philosophie mit besonderer Berücksichtigung des Deutschen Idealismus an der Ruhr-Universität Bochum. Von 1998 bis 2016 war er Direktor des dortigen Hegel-Archivs. Er war Leiter und Herausgeber der Ausgabe »G.W.F. Hegel. Gesammelte Werke« (bis 2016 herausgegeben von der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften) sowie der Werke- und der Briefwechsel-Ausgaben Friedrich Heinrich Jacobis.