Identität ist unter den Bedingungen der Postmoderne kein festes Ganzes mehr. Die unüberschaubare Anzahl an Möglichkeiten in Ausbildung, Studium, Beruf, aber auch Partnerschaft und Lebensformen führen zu der Einsicht, dass Identität sich immer neu konstituieren muss. Tatsächlich ist Identität das, was mich als unverwechselbares Ich körperlich und geistig – und das heißt: leiblich – konstituiert. Zugleich entzieht sie sich mir und muss immer wieder neu errungen werden. Dies gilt gerade dann, wenn frühere Ideale zusammenbrechen oder das zuvor Selbstverständliche nicht mehr trägt.
Identität und Identitätsbildung betreffen den Einzelnen ebenso wie politische oder religiöse Gemeinschaften. In Zeiten, in denen vieles in Bewegung ist, ist Identität eng verbunden mit der Frage nach den gemeinsamen Werten – das, wofür es sich zu leben lohnt und was wir an die nächste Generation weitergeben möchten.
Besondere Beachtung verdienen in diesem Kontext phänomenologische Ansätze, die den leiblichen, sinnlichen und affektiven Dimensionen des Lebens Rechnung tragen. Auf diese Weise lassen sich Erfahrungen, die unsere Identität begründen und ausmachen, als Momente einer breiter angelegten ‘Spiritualität der Wahrnehmung’ verstehen.
Mit Beiträgen von Johannes Bündgens, Natalie Depraz, Stephan Grätzel, Caroline Horch, Antje Kapust, Rolf Kühn, Elmar Nass, Simone Paganini, Michaela Puzicha, Bertin Rautenberg, Holger Zaborowski u. a.
Circa l’autore
Guido Meyer ist Professor für Religionspädagogik an der RWTH Aachen.
Marco A. Sorace (geb. 1970), Dr. theol.; Veröffentlichungen im Forschungsbereich Theologie, Kunstwissenschaft, Phänomenologie, z. Zt. Lehrauftrag an der Kath. Theol. Fakultät der Ruhr-Universität Bochum und an der Bonner Bildhauerhalle. Mitherausgeber des Jahrbuchs für christliche Mystik.
Clara Vasseur hat Philosophie in Frankreich und Deutschland studiert. Sie war bis 2016 Benediktinerin der Abtei Mariendonk am Niederrhein. Sie lebt heute in Eichstätt und arbeitet am Lehrstuhl für Philosophie.