Heinrich Mann beschreibt in diesem Werk sehr deutlich, aus welchen Einstellungen heraus Deutschland in den Nationalismus und letztendlich in den verhängnisvollen Ersten Weltkrieg getrieben wurde. Der Roman erzählt von Diederich Heßling als Beispiel für einen bestimmten Typ Mensch in der Gesellschaft des deutschen Kaiserreichs. Heßling ist obrigkeitshörig, feige und ohne Zivilcourage. Er ist ein Mitläufer und Konformist. Heinrich Mann erzählt mit ironischer Distanz Heßlings Lebensgeschichte von dessen Kindheit bis hin zur Sicherung seiner Stellung in der wilhelminischen Gesellschaft. Heßlings Aufstieg zu Einfluss und Macht wird dargestellt, wobei sich seine Persönlichkeit einerseits als Tyrann gegen Schwächere auslebt, andererseits als Untertan, der sich freudig höheren politischen Gewalten unterordnet. Heßling identifiziert sich mit den Weltmachtambitionen der radikalen Nationalisten, die den kommenden Weltkrieg herbeiwünschen.
‘Wenn die Katastrophe, der sie auszuweichen denken, vorüber sein wird, sei gewiss, die Menschheit wird das, worauf die erste Revolution folgte, nicht scham- und vernunftloser nennen, als die Zustände, die die unseren waren.’ Damit nahm Mann den bald folgenden Weltkrieg vorweg und verglich die wilhelminische Ära mit jener des Vormärz.
Circa l’autore
Heinrich Mann (1871 – 1950) war ein deutscher Schriftsteller. Seine Werke hatten oft gesellschaftskritische Intentionen, und seine Frühwerke sind oft beißende Satiren auf bürgerliche Scheinmoral. Auch analysierte Mann die autoritären Strukturen des Deutschen Kaiserreichs im Zeitalter des Wilhelminismus. Darüber hinaus tendierte der Autor zur Demokratie und stellte sich von Beginn dem Ersten Weltkrieg und frühzeitig dem Nationalsozialismus entgegen. Manns bekanntes Buch ‘Professor Unrat’ wurde kritisiert und dann herrschte es faktisch ein Verbot dieses Buches. Das erfolgreichste Werk ist ‘Der Untertan’.