Großsiedlungen wie Hamburg-Steilshoop oder Berlin-Marzahn gibt es in fast allen deutschen Großstädten. In den neuen Bundesländern sind diese als „Platte“ dafür bekannt, dass man sie wegen Leerstands oft abreißt. In den alten Ländern hingegen sind sie eher wegen ihrer schwierigen Sozialstruktur und den damit verbundenen Problemen öffentlichkeitswirksam.
Zu beiden Themenbereichen existiert eine schier endlose Fachliteratur, leider endet diese zumeist an dem Punkt, wo es gilt beide Themen prozesshaft zu vergleichen.
Ansatzpunkt der vorliegenden Arbeit war es, die Problematik Großsiedlungen aus einem gesamtdeutschen Blickwinkel zu betrachten. Ähnliche soziale Probleme haben sich zwei Jahrzehnte nach der politischen Wende auch in der ostdeutschen Platte entwickelt und die Großsiedlungen der alten Länder weisen oft auch bauliche Mängel auf. Auf diesem Ansatz basierend stellt diese Disseration die Frage, inwieweit Stadtumbau sich heute zwischen Ost und West unterscheidet, wie Akteure vor Ort entsprechende Probleme angehen und ob Erfahrungen auf wissenschaftlicher oder praktischer Ebene ausgetauscht werden.
Um den Praxisbezug nicht außer Acht zu lassen, werden diese grundsätzlichen Fragen anhand von vier Großsiedlungen in Bremen, Dortmund, Guben und Halle untersucht.
Interessante Ergebnisse ergaben sich insbesondere im Hinblick auf Kooperationsformen der Akteure vor Ort, gerade wenn im Stadtteil ein international tätiges Wohnungsunternehmen Wohnungseigentümer ist. Diese lassen sich nach den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit sehr schwer in soziale Stadtumbauprozesse einbinden. Ebenfalls ergaben die Fallstudien in den vier Großsiedlungen ein sehr unterschiedliches Verständnis von Bürgerbeteiligung. In Bremen-Tenever wird diese als Mitentscheidung des Stadtteilbewohners seit vielen Jahren erfolgreich praktiziert. In anderen Städten wird darunter allenfalls Bürgerinformation verstanden. Auch ergaben sich interessante Hemmnisse bei den Stadtverwaltungen und Wohnungsunternehmen, wenn es darum geht, Erfahrungen in anderen Städten auf den eigenen Stadtumbauprozess zu übertragen bzw. gute soziale Engagements zu erkennen und ggf. zu versuchen, diese Erfahrungen für eigene soziale Probleme nutzbar zu machen.
Circa l’autore
Nach dem Beginn meines Studiums der Politikwissenschaften an der Helmut-Schmidt-Universität – Universität der Bundeswehr Hamburg im Jahr 2005 entdeckte ich sehr schnell meine Begeisterung an der Arbeit im Rahmen verwaltungswissenschaftlicher Themen und insbesondere am (sozialen) Stadtumbau.
Insbesondere war es mir schon damals ein Anliegen, praxisnah zu forschen. Qualitative Interviews und Befragungen waren und sind dabei meine Forschungsmethode erster Wahl. Beispielsweise führte ich im Rahmen meiner Diplomarbeit zum Thema „Stadtumbau in Halle-Silberhöhe“ eine kleine Bürgerbefragung und mehrere Experteninterviews durch.
Auch nach Beendigung meines Studiums 2009 und der damit verbundenen Tätigkeit als Offizier verlor ich nie das Interesse am wissenschaftlichen Arbeiten. So lag der Wunsch nahe, mit der Promotion dieses Anliegen weiter zu verfolgen. (Martin Neumann)